Bahnhof Hamminkeln
Am 18. Juli 1851 wurde
im preußisch-niederländischen Vertrag der Bau der Bahnstrecke Oberhausen - Wesel
- Emmerich - Arnheim festlegt.
Das erste Teilstück Oberhausen - Dinslaken wurde bereits am 18. Oktober 1856
offiziell eröffnet. Nach langen Streitigkeiten über die weitere
Streckenführung zwischen den verschiedenen Städten wurde im Mai 1869 dann der
Streckenverlauf Wesel - Bocholt endgültig festgelegt. Nach Abschluss der
Vorarbeiten im Jahr 1874 war vorgesehen, nur einen Bahnhof zwischen Wesel und
Bocholt zu bauen. Er sollte auf der Isselhorst angelegt werden. Hamminkeln und
Dingden aber arbeiteten dagegen und erreichten, dass zwei Bahnhöfe, einer in
Hamminkeln und einer in Dingden gebaut wurden. Am 1. Juli 1878 wurde die
Bahnstrecke fertig gestellt und der erste Zug dampfte zwischen Wesel und
Bocholt. Damit war Hamminkeln an die Eisenbahn angebunden. Für die in ländlicher Abgeschiedenheit lebende Bevölkerung bedeutete
dieses Ereignis den Anbruch einer neuen Zeit. Einige beheimatete Bauarbeiter
wurden nach der Fertigstellung als Rottenarbeiter oder Schrankenwärter
angestellt. 1914 hat man das alte Stationsgebäude aus Holzfachwerk durch einen massiven
Ziegelbau ersetzt. Im Erdgeschoss befanden sich die Eingangshalle mit
Fahrkartenausgabe, die Warteräume (eingeteilt in 1. bis 4. Klasse), ein
Gepäckraum sowie das Fahrdienstleiterstellwerk.
Der Fahrdienstleiter hatte seinen Arbeitsplatz in einem Vorbau an der
Gleisseite, damit er den mittleren Bahnhofsbereich einsehen konnte. Im
Dachgeschoss befand sich die Dienstwohnung des Bahnhofsvorstehers. Neben dem
Empfangsgebäude entstand ein Wohnhaus für zwei Stationsbeamte. In der ersten Zeit verkehrten auf der Strecke drei Personenzüge und ein Güterzug
in jeder Richtung. Nach dem Ersten Weltkrieg stieg der Personenverkehr
sprunghaft an. Bei der militärischen Luftlandung, der "Operation Vasity" am 24. März 1945, kam
es zu Beschädigungen auf der Bahnstrecke, das Bahnhofsgebäude dagegen blieb
heil. Ab 1949 verkehrten werktags 18 Personenzüge, davon ab Bocholt je ein Eilzug nach
Köln, Oberhausen und Duisburg. Seit 1961 fuhren auf der Strecke auch die ersten
Güterzüge. 1968 fuhr die letzte Dampflok im Güterverkehr. Ein Jahr später wurde
der Gepäck- und Expressgutverkehr mit dem Bahnhof Hamminkeln aufgehoben. In den siebziger Jahren wollte die Deutsche Bahn unwirtschaftliche Anlagen, wie
das Empfangsgebäude des Bahnhofs Hamminkeln, veräußern bzw. abreißen. Das
scheiterte allerdings daran, dass man sich nicht einigen konnte, wie das im Gebäude
untergebrachte Stellwerk freizustellen war. So blieb es erst einmal beim Alten. Am 21. Mai 1977 fuhr der letzte mit einer Dampflok
gezogene Personenzug, danach
kamen Triebwagen mit Dieselmotor zum Einsatz, bei denen die Antriebsleistung
genauer auf die Zugmasse abgestimmt werden kann. Ab 1985 wurden alle über Wesel hinausgehenden
Fahrten gestrichen, sodass die Züge nur noch zwischen Wesel und Bocholt
pendelten. Am 6.10.1990 fuhr auf der Strecke Bocholt - Wesel der erste Zug auf
einer Regionalstrecke, der einen Namen tragen durfte: “Der Bocholter”. Im September 1999 verkaufte die Deutsche Bahn AG das Empfangsgebäude des
Bahnhofs Hamminkeln an einen Geschäftsmann, der das Gebäude aufwändig
restaurierte und zu einem Wohn- und Geschäftshaus umbaute. Die Benutzung des
Stellwerks und den Weg zum Bahnsteig hatte sich die DB gegen Pacht im Grundbuch
sichern lassen. Am 1. Dezember 2001 wurde der gesamte Güterverkehr auf der Strecke eingestellt.
Im Juli 2016 stand der Bahnhof wieder zum Verkauf. Bis Ende 2023 wurde er als
Kulturbahnhof "KuBa" genutzt, worin eine Rockschule betrieben wurde. Am 5. Juli 2021 wurde die Strecke zwischen Wesel und Bocholt voll gesperrt und
ein Schienenersatzverkehr betrieben. Die 22 Kilometer lange Zweigstrecke wurde
elektrifiziert und an das elektronische Stellwerk (ESTW) Emmerich angeschlossen.
Dazu mussten 355 Fundamente entlang der Trasse gegründet werden, auf denen bis
zu 14 Meter hohe Stahlmasten aufgestellt und 24.000 Meter Oberleitungen
installiert wurden. Zwischen Blumenkamp und Hamminkeln wurden fünf Bahnübergänge
komplett neu gebaut. An vier bereits bestehenden Bahnübergängen wurden jeweils
eine neue Lichtzeichenanlage mit Halbschranken installiert. In Ringenberg wurde
die alte Bahnbrücke durch eine neue ersetzt. Auch rund 3.000
Meter Schienen und über 3.400 Bahnschwellen wurden erneuert.
Der Bahnhof in Hamminkeln wurde zum Kreuzungsbahnhof mit elektronischem
Stellwerk umgebaut und bekam einen neuen Mittelbahnsteig mit einer Höhe von 76
Zentimetern über Schienenoberkante, wodurch das Ein- und Aussteigen in die Züge
stufenfrei möglich ist. Nach rund sieben Monaten Bauzeit wurde die
elektrifizierte Strecke am 1. Februar 2022 in Betrieb genommen. Das
Bahnhofsgebäude ist in die Liste der Baudenkmäler von Hamminkeln eingetragen. Das neue Blindenleitsystem am Bahnhof mit weißen Rippenplatten unterstützt
mobilitätseingeschränkte Reisende zusätzlich. Auf der Teilstrecke zwischen
Bocholt und Hamminkeln fahren die Züge wie bisher mit 80 km/h und ab Hamminkeln
gilt dann Tempo 100. Mit den unterschiedlichen Geschwindigkeiten wird erreicht,
dass je ein Zug aus beiden Richtungen gleichzeitig in Hamminkeln ankommt.
Insgesamt investierten NWL, VRR und Deutsche Bahn rund 50 Millionen Euro in die
Strecke. Es ist geplant, bis 2029 einen weiteren Haltepunkt in Bocholt-Mussum zu
errichten. Nach mehreren tödlichen Unfällen an den unbeschrankten
Bahnübergängen zwischen Lankern und Dingden sollen die Lokführer als
Sicherheitsmaßnahme mehrfach ihr Hupsignal mit dem Makrofon betätigen. Allerdings stören sich die
Anwohner an dem nervtötenden Gehupe, das kilometerweit zu hören ist. Schon seit langem wird im Stadtrat über
Maßnahmen gesprochen, um die Bahnübergänge anders zu sichern, allerdings ist bis
heute nichts geschehen. Die Bahn teilte mit, dass der erste unbeschrankte
Bahnübergang erst 2028 und der letzte 2029 gesichert wird.
Quellen:
-
Deutsche
Eisenbahnen, Strecke Wesel-Bocholt und Bahnhof Hamminkeln v. Eduard
Hellmich. In: Hamminkeln Ruft Nr. 40.
-
Elektrifizierung der SPNV-Strecke Wesel – Bocholt (Verkehrsverbund Rhein-Ruhr AöR)
Letzte Aktualisierung: 21. September 2024
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