Hamminkelner Geburtsurkunde von 1154

Hamminkelns Geschichte begann mit einer Urkunde aus dem 12. Jahrhundert. Auf Pergament geschrieben endete sie mit dem Satz: "Datum anno incarnationis Domini MC quinquagesimo quarto" - Gegeben im 1100vierundfünfzigsten Jahr der Menschwerdung des Herrn.
Die Urkunde aus dem Jahre 1154 ist interessant, weil sie zum ersten Mal den Namen des Dorfes Hamminkeln (Hamwinkele) erwähnt. Die Urkunde weist auf die Existenz eines Bauernhofes hin, der heute noch existiert und Steckling heißt. Der Inhalt dieses Zeitdokumentes gibt Hinweise zur Art der Siedlung, zu Personen, die Einfluss hatten und zu Machtkämpfen am Niederrhein. Wir erfahren etwas vom Gehalt des Pastors, von der Art des "Zehnten", von Naturallieferungen statt Geldzahlungen. lm folgenden wird die deutsche Übersetzung der lateinisch geschriebenen Urkunde wiedergegeben.

"Im Namen der heiligen und einigen Dreifaltigkeit Ich, Theobald durch göttliche Barmherzigkeit, Propst von Xanten und Archidiakon der heiligen kölnischen Kirche, bekenne auf Grund des mir auferlegten Amtes, dazu verpflichtet zu sein, dass ich die Sorge für all die mir in meinem Archidiakonat Dienenden andächtig ausübe und dass ich ihnen, so gut ich kann, nicht nur in der Gegenwart, sondern auch in der Zukunft Ruhe und Frieden verschaffe; und da mir die Erfüllung dieser Aufgabe, wie ich es schon gesagt habe, von dem Platz aus, an den ich gestellt bin, aufgetragen ist, muss mit besonderem Eifer jedoch für diejenigen, die sich dem klösterlichen Leben unterworfen haben, Sorge getragen werden, damit alles vermieden wird, wodurch ihnen wegen ihrer Besitzungen gewöhnlich Nachteile und Lasten entstehen, und sie somit in Stille und in Frieden sich dem Lobgesang Christi hingeben können.
Es sei also für Gegenwart und Zukunft bekannt gemacht, dass der Magister Otto, Propst, und die Brüder von Cappenberg zusammen mit mir und dem Xantener Kanoniker Ludolf über einen bestimmten Zehnten, der zu Hamwinkele gehörte, eine Vereinbarung getroffen haben. Diese Brüder haben innerhalb meines Archidiakonates einen Hof, der Stikelencwic genannt wird und dessen Zehnt einst zu jener Kirche
(von Hammikeln) gehörte, was wir schon erwähnt haben. Jene Brüder aber haben mit mir und mit Ludolf eine Übereinkunft mit dem Inhalt getroffen, dass als entsprechende Zehntzahlung jedes Jahr 7 Malter an den Pastor jener Kirche entrichtet werden sollen, dass aber die Brüder auch befreit bleiben sollen von jeglicher Zahlung des kleinen Zehnten, der in tierischen Erzeugnissen entrichtet zu werden pflegt, gemäß Dekret von Papst Eugenius. Von diesen Maltern muss die eine Hälfte Roggen, die andere Hafer sein; von dem zum Hause selbst gehörenden Land sind 3 Malter zu zahlen, von dem Land, das den Brüdern zu Varlar gehört, 6 Scheffel, von dem Land des Herrn Hezelo 5 Scheffel, von dem Land des Gerbrand 5 Scheffel; alles zusammen sind 7 Malter.
Zusätzlich zu dieser Übereinkunft sind wir noch gebeten worden, dass das, was von uns und für uns beschlossen worden war, durch die Bürgschaft unserer Urkunden bestätigt würde. Weil wir wahrhaftig und von Gott erfüllt für die künftige Ruhe der Brüder sorgen wollen, haben wir sowohl entsprechend der Bitte des Magisters Otto, Propstes von Cappenberg, dieser Regelung zugestimmt, als auch das, was verlangt wurde, ergebenst erfüllt, indem wir allen auch dieses erklären, dass, was wir im Hinblick auf den genannten Zehnt den Brüdern zu Lebzeiten Ludolfs nachgelassen hatten, wir auch nach seinem Tode, nachdem die Kirche in unsere Hand zurückgefallen ist, denselben Brüdern nachgelassen haben.
Damit nun also diese Übereinkunft fest und unverändert jederzeit Gültigkeit besitze, haben wir sie durch die Niederschrift dieser Urkunde und durch den Aufdruck unseres Siegels bestätigen lassen, wobei wir unter Androhung des Bannes verbieten, dass irgendeine Person in Zukunft diese unsere Niederschrift zu brechen oder zu verändern wagt, die auch von geeigneten Zeugen unterschrieben wurde, deren Namen sind: Everhard, Dechant der vorgenannten Kirche, Gerhard von Heppenthorp, Gerhard von Selehem, Everhard Scukke, Arnold von Rees, Basilius von Alpen, Hermann Propst von Zyfflich, der Zyfflicher Dechant Konrad, der Zyfflicher Kanonikus Rudolf, der Kanoniker Lubert, Priester Dietrich von Büderich, Priester Heribert von Wetten, die Ministerialen Sigestap und sein Bruder Albero, Albert von llt, Jordan von Menzelen.

Gegeben im Jahre der Menschwerdung des Herrn 1154."

Die Originalurkunde befindet sich heute im Privatmuseum von Graf Kanitz auf Schloss Cappenberg.

Laut Dr. Petry vom Staatsarchiv in Düsseldorf wurde die Urkunde in einer Schrift geschrieben, die um die Mitte des 12. Jahrhunderts noch nicht üblich war. In den Schreibstuben des Stiftes Cappenberg begann im Jahr 1199 eine Gruppe von Schreibern mit der Arbeit. Ihr Schriftbild ist unverkennbar. Und unverkennbar ist auch, dass die scheinbar von 1154 stammende Urkunde genau das gleiche Schriftbild aufweist, wie es die Cappenberger Schreiber erst 1199 zu malen begannen. Also kann die Urkunde nicht vor 1199 geschrieben worden sein und gilt als gefälscht. Da es in dieser Zeit in Hamminkeln bereits eine Pfarrkirche gab, ist der Ort mit Sicherheit wesentlich älter.

Aus der Ortsgeschichte
An der Geschichte der Stadtteile Hamminkelns im Mittelalter waren fast immer die Herren des Schlosses Ringenberg beteiligt, die sich ursprünglich "Herren von Dingden" nannten. Um 1200 bauten sie Burg Ringenberg in einer strategischen Grenzlage. Hier grenzten das Erzbistum Köln, das Bistum Münster und die Grafschaft Kleve aneinander. Bis 1329 stand die Burg allein in der sumpfigen Isselniederung. Dann erließ der Graf von Kleve einen Aufruf an seine Untertanen, das Bruchland zu kolonisieren. Niederländer kamen mit ihren Familien. Sie entwässerten die Isselniederung um die Burg. Dafür erhielten sie das entwässerte Land als Eigentum und Privilegien wie eigene Gerichtsbarkeit, Verwaltung und Steuerfreiheit. Die im Dreißigjährigen Krieg zerstörte Burg baute Alexander Freiherr von Spaen als Schloss wieder auf.
1758 verteidigten bei Mehrhoog die Preußen erfolgreich die Reeser Schiffsbrücke gegen eine große französische Übermacht. Am Ende des Zweiten Weltkrieges war Hamminkeln Schauplatz einer der größten Luftlandeoperation der Alliierten, die einen Brückenkopf bei Wesel über den Rhein bildeten. Ein Treffen von Veteranen aller beteiligten Nationen im Frühjahr 1995 an einem Gedenkstein bekräftigte den Willen zur Aussöhnung. Anfang 1995 wurde Hamminkeln durch einen Erlass des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen zur Stadt ernannt.

 

Impressum

Bücher

Links