Der rote runde Ziegelturm mit Laterne und brauner Kupferkuppel steht an der
Nordwestspitze der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst.
Der Leuchtturm Darßer Ort war der erste Leuchtturm in Deutschland, der mit einer
Gürtellinse ausgestattet wurde.
Anfangs hat man das Leuchtfeuer mit einer Carcelschen Rüböllampe mit zwei
konzentrischen Dochten betrieben. Gegenüber Steinkohlenfeuer konnten die
Betriebskosten um zwei Drittel gesenkt werden. 1905 konnte man mit einer zweidochtigen
Bassin-Petroleum-Lampe die Leuchtkraft verstärken. Im Jahre 1936 baute man das bis dahin mit einem Petroleum betriebene Leuchtfeuer auf elektrischen Betrieb um
und änderte die Kennung von einem weißen Festfeuer mit Einzelblink in ein weißes
Blitzfeuer mit einer Gruppe von zwei Blitzen abwechselnd mit 4 Blitzen. Das
Leuchtfeuer wird heute mit einer 400 Watt Lampe, elektrischer Drehvorrichtung
und einer Lichtquellen-Wechselvorrichtung betrieben. Bis
1978 war der Turm mit Leuchtturmwärtern besetzt. Seither arbeitet
das Leuchtfeuer automatisch mit Funkfernsteuerung. Neben dem Leuchtturm steht das alte
Wärterhaus, in dem sich heute die Ausstellung "Natureum" befindet.
Bei Stromausfall steht eine Notstromversorgung zur Verfügung.
Geschichte:
Die Ostsee vor Darßer Ort ist reich an Untiefen und gefährlich für
die Schifffahrt. Daher wurde bereits 1817, kurz nach der
Eingliederung Vorpommerns in das Königreich Preußen, mit den
Untersuchungen zum Bau eines Leuchtturmes am Darßer Ort begonnen.
Nach der Festlegung des Bauprogramms für die Leuchttürme an der
vorpommerschen Küste in den Jahren 1839 bis 1843 gab der preußische
König 1845 die Genehmigung für den Bau des Turmes. Seine Fertigstellung wurde am
16. November 1848 bekanntgegeben. In einem Amtsblatt über "Verordnungen und
Bekanntmachungen der Königlichen Regierung" vom 7. Dezember 1848 hieß es dazu
auszugsweise:
"Am Darßer Ort auf der Halbinsel Darß ist ein
Leuchtturm mit zwei Feuern errichtet worden, welche vom 1. Januar 1849 ab
ununterbrochen das ganze Jahr hindurch brennen werden. Beide Feuer täglich bei
Sonnenuntergang angezündet und bei Sonnenaufgang gelöscht. Das erste Licht
erhebt sich einhundert und fünf Preußische Fuß (etwa 35 m) über den
Meeresspiegel und ist ein Fresnelscher Linsenapparat zweiter Ordnung als
Drehfeuer mit Verfinsterungen von Minute zu Minute. Das zweite ist ein festes
Feuer, vierzig Preußische Fuß über dem Meeresspiegel erhaben und wird von drei
Argandschen Lampen gebildet. Dieses Feuer, in Verbindung mit dem Gedser Feuer
auf der dänischen Küste von Falster bezeichnet die Durchfahrt zwischen den
Sandbänken bei Darßer Ort und dem Steinriff Tredelen. Der Turm liegt vom Wasser
57 Ruthen oder 114 Faden (etwa 190 m) entfernt und gibt mit seinem 100 Fuß hohen
Gemäuer, welches ungeputzt von roten Mauerziegeln aufgeführt ist und auf welchem
sich die Laterne erhebt, auch eine Tagesmarke."
Blitzeinschlag ins Wärterhaus:
Am 19. Juli 1926 schlug ein Blitz in das neben dem Leuchtturm gebaute Wärterhaus
ein. Die sofort angestellten Untersuchungen des Blitzableiters durch einen
Sachverständigen hatten ergeben, dass die Blitzschutzanlage am Turm sich in
ordnungsgemäßem Zustand befand, was auch die Untersuchungen der Vorjahre ergeben
hatte. Nach den Untersuchungen des Blitzweges ist der Blitzeinschlag in den in
der Mitte des Hauses befindlichen Schornstein erfolgt. Von hier aus hat der
Blitz seinen Weg durch die Drahtbefestigung des Rohrputzes der Zimmerdecke zum
Telefonanschluss genommen und ist von dort über die Freileitung der
Telefonanlage in die Erdleitung des Leuchtturms zur Erde gegangen. Der
Deckenputz wurde beim Telefonsicherungskasten herabgerissen. Sämtliche
Telefonsicherungen sind unter Feuererscheinung durchgeschmolzen. Bei dem
Blitzeinschlag wurde niemand verletzt. Da also trotz der ca. 35 m hohen
Turmblitzleitung ein Blitzeinschlag über eine eventuelle Verästelung ins
Wärterhaus erfolgte, wurde von dem Sachverständigen eine zusätzliche
Blitzschutzanlage für das Wärterhaus empfohlen.
Luftnebelschallanlage:
Ab 1880 wurden am Darßer Ort Nebelsignale durch Kanonenschüsse abgegeben,
die am 6. März 1911 eingestellt und durch ein Signale mit einem dampfbetriebenen
Nebelhorn ersetzt wurden. Die Kennung waren Einzeltöne von 7,5 Sekunden Dauer
mit einer Wiederkehr von 75 Sekunden. Ende November 1912 hat man auf
Druckluftbetrieb umgestellt. Die Anlage bestand aus zwei Druckluftsirenen auf
dem Dach des Maschinenhauses,
davon eine als Reserve. Diese Nebelsignalanlage galt infolge starker Abnutzung
der veralteten Motoren nicht mehr als voll leistungsfähig. Auch konnten die
Pressluftsirenen trotz der bei den Glühkopfmotoren angebauten
Schnellanheizvorrichtung erst nach rund 10 Minuten in Gang gesetzt werden. Die
Gefährlichkeit der oft zu Unfällen führenden, plötzlich auftretenden
Nebelbildung am Darßer Ort erforderte einen schnelleren Einsatz des
Nebelsignals. Die alten Sirenen wurden daher 1937 durch einen elektrisch
betriebenen Vierfachgruppen-Membransender von 200 Hz Tonhöhe und einer
abgebenden mechanischer Leistung von 66.000 Watt, entsprechend einer akustischen
Leistung von 46.000 Watt in einem 270 Grad abgebenden Schallfeld ersetzt. Der
Sender wurde am 1922 errichteten Sturmsignalmast angebaut und sofort einsetzbar. Im Maschinenhaus
wurde eine dieselelektrische Anlage mit zwei Aggregaten eingerichtet, bestehend
aus einem kompressorlosen Zweizylinder-Viertakt-Dieselmotor mit 30 PS Leistung
bei 1000 U/min, einem direkt gekuppelten Einphasen-Wechselstromgenerator mit 14
KW Leistung und 150 Volt Klemmenspannung mit 100 Perioden, entsprechend der
Tonhöhe des Senders von 200 Hz, sowie einem Gleichstromfeldregler von 110 Volt
Spannung. Bei Ausfall an einem Aggregat schaltete sich der zweite Motor
selbsttätig ein. Der Sender gab Schallsignale mit einer Kennung nach dem
Morsebuchtaben D (Darßer Ort) ab, und zwar: (Ton 3 s, Pause 1 s, Ton 1
s, Pause 1 s, Ton 1 s, Pause 23 s) Wiederkehr 30 Sekunden.
Im seeseitigen Giebel des Maschinenhauses wurde nach dem Ausbau der alten
Kolbensirenen ein Stockwerk aufgesetzt, in dem ein Beobachtungsraum für den
Nebelausguck eingerichtet wurde. Der diensthabende Beamte, der früher auf den
Leuchtturm steigen musste, konnte bei auftretendem Nebel in kürzester Zeit die
Nebelsignalanlage an der Schalttafel des Maschinenhauses in Betrieb setzen. 1972
wurde der Nebelschallsender endgültig abgeschaltet und 1987 zurückgebaut.
Nebelsignalanlage am Darßer Ort, 1953 (Bildquelle: Archiv WSA Ostsee)
Der Leuchtturm Darßer Ort ist - nach dem "Schinkel-Turm" auf Kap Arkona - der
zweitälteste Leuchtturm an der Küste von Mecklenburg-Vorpommern und
gleichzeitig der älteste, der heute noch betrieben wird.
Der Turm und das Gehöft sind Eigentum des Wasser- und
Schifffahrtsamtes Stralsund und stehen unter Denkmalschutz. Im Jahr
1990 erfolgte eine Instandsetzung der Kuppel und des Mauerwerks.
1994 wurde der Turm innen restauriert und die Treppen saniert.
Seit 1991 werden die Gebäude vom Deutschen Museum für Meereskunde
und Fischerei als Außenstelle "NATUREUM Darßer Ort" genutzt. Seit
März 1995 kann der Leuchtturm - nach einer Pause von 33 Jahren -
wieder bestiegen werden. 134 Stufen führen auf die
Aussichtsplattform.
Am 07. Mai 1974 erschien in der DDR eine 20 Pfennig Sonderbriefmarke in einer
Auflage von 12 Millionen Stück mit dem Leuchtturm Darßer Ort als Motiv. Am 7.
Juni 1988 brachte die Deutsche Post eine 45-Cent Sondermarke mit einem Bild des
Leuchtturms Darßer Ort heraus.
Im Süden, links vom Leuchtturmweg, weicht das Ufer bei
Sturmhochwasser immer weiter zurück. Bei auflandigem Wind wird der
Sand landeinwärts getrieben und bildet die Dünen. Unmittelbar in
Strandnähe liegen die Weißdünen. Sie sind nährstoffarm und nur mit
Strandhafer bewachsen. Landeinwärts wachsen auf den etwas
nährstoffreicheren Graudünen verschiedene Zwergsträucher. Einzelne
Kiefern deuten den Übergang zu den Braundünen an.
Anfahrt:
Parkplatz an der Ecke Regenbogenstraße / Bernsteinweg. 4 km zu Fuß
oder mit dem Fahrrad durch einen beschilderten Waldweg.
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