Weihnachtstagebuch 2004
22.12.2004
17:00 Uhr Ich bin von der Arbeit nach Hause gekommen. Jetzt gilt es,
innerhalb von 1 Stunde ungefähr 500 Kartons, Päckchen, Tüten und Taschen
mit Geschenken, Weihnachtssachen (wie Kugeln, Lichterketten, Lichterschläuche und ähnliches) und Klamotten auf den Kofferraum und
Innenraum eines PKW's aufzuteilen, in dem sonst höchstens 5 Kartons Platz
hätten. Nachdem ein Viertel der Sachen verstaut ist, ist das Auto bereits
voll. Ich nenne mich einen Spezial-Logistiker, da ich es tatsächlich
geschafft habe alles wegzukriegen. Nur der neue Staubsauger darf nicht
mit. 17:58 Uhr Es ist geschafft und ich bin es auch. Aber das Auto ist
beladen. Fehlen bloß noch die Passagiere. Wird der Rest der Familie sich
mit den beengten Platzverhältnissen abfinden? Ja werden diese überhaupt
reinpassen? Meine zweite logistische Meisterleistung ist nach genau 10
Minuten vollbracht, alles sitzt mehr oder weniger gut im Auto. 8 Minuten
später als geplant, also um 18:08 Uhr wird der Motor gestartet und es geht
los. Es hat seit einer halben Stunde angefangen zu schneien. Wie werden
die Straßen sein? Nach 5 Minuten der 1. Stau, aber nur 5 Minuten auf der
Ausfallstraße zur Autobahn. Also kein Problem. 18:20 Auf der Autobahn.
Schneetreiben. Zwei Buchstaben schwirren durch mein Kopf: Oh Oh. OK es
sind 4 Buchstaben. 19:00 Uhr Es wird immer "dicker". Viele PKW's und noch
mehr LKW's sind unterwegs. Dazu liegt immer mehr Schnee. Die linke Spur
kann man kaum noch befahren. Total rutschig. Und dazu etliche Raser. Das
kann auf Dauer nicht gut gehen. Ich denke immer öfter daran, dass wir die
Fähre nicht kriegen werden. Bis halb 11 ist zwar noch genug Zeit, aber bei
dem Verkehr und den Straßenverhältnissen kann das einfach nicht klappen.
10 Minuten später Warnblinker vor mir. Verdammt, warum musste ich nur
Recht haben. Noch geht es im Schritttempo voran. Vielleicht ist es doch
nicht so schlimm? Dann Stillstand. 10 Minuten geht nichts mehr voran. Auf
einmal setzen sich alle wieder in Bewegung. 100 Meter weiter dann der
Grund für den Stau: 3 LKW's und 5 PKW's stehen mehr oder weniger
ordentlich IN der Leitplanke "quer eingeparkt". Hinter mir Martinshorn und
Blaulicht. Schnell noch die Unfallstelle passieren. Ich war der letzte,
der vorerst dran vorbei kam. Hinter mir Vollsperrung. Das Weihnachtsglück
ist mir hold. Das ganze hat nur eine Viertel Stunde gekostet. Also auch
kein Problem. Kurze Zeit später "nur" noch Regen, aber kein Glatteis. Der
Rest der Fahrt verläuft ohne weitere Zwischenfälle, so dass wir 21:30 am
Hafen sind und darauf warten, auf unseren "Dampfer", der MS Trelleborg,
raufzufahren. Auf dem Schiff angekommen, ab in die Kabine und erst mal eine
Runde schlafen. Keine Minute später bin ich im 7. Traum-Himmel. Nach einer
Weile ein lauter Knall! Ein Geräusch, als wäre das Schiff mit irgend etwas
kollidiert. Mein erster Gedanke: Titanic. Dann immer wieder das laute
Rumsen. Wann ertönt die Sirene? Aber es kommt keine. Statt dessen merkt
man sehr deutlich, dass das Schiff ziemlich schwankt. Ach ja richtig,
Windstärke 6 bis 7 war angesagt. Also war das laute Knallen nur das
Geräusch der Stabilisatoren, die dafür sorgen, dass das Schiff nicht noch
mehr schwankt. Im Wissen, dass alles soweit in Ordnung ist, schlafe ich
wieder ein und werde erst durch den Weckruf vom Schiffspersonal wieder
wach. Also fertig machen und ins Auto. Die Fähre hatte eine viertel Stunde
Verspätung, aber das ist nicht schlimm. 2:30 Uhr Trelleborg, die Frisur
sitzt, na ja nicht wirklich, aber es ist dunkel und da sieht es keiner.
Ca. 1 ½ Stunden Autofahrt liegen bis zu unserem Ziel noch vor uns. Die
Straßen sind frei von Autos und frei von Schnee. Nur die letzten 10
Kilometer bis zu unserem Haus sind ein wenig verschneit und etwas
rutschiger. Aber mit der richtigen Geschwindigkeit ist auch das kein
Problem. Um 4:00 Uhr treffen wir bei unserem Haus ein und alles ist weiß.
Schnell die Kinder Lars und Susi wieder ins Bett bringen und das Auto
ausräumen. Um 4:30 Uhr dann endlich selber wieder im Bett. 23.12.2004 8:00
Uhr Ich stehe auf und .... es regnet. Schnell noch ein Foto vom
Schnee, solange er noch da liegt. Eigentlich wollte ich mit dem Schmücken
von Haus und Garten anfangen, aber bei dem Regen, hat man doch echt keine
Lust. Also erst mal einkaufen. Um 12:00 Uhr zurück. Es regnet immer noch.
Nach dem Mittag: Es regnet weniger, also raus in den Garten. Die ersten Lichterschläuche verlegen. Ich sehe und spüre die ersten neugierigen
Blicke der Nachbarn. Noch eine kleine Holzkonstruktion fürs Tor gebaut und
den Lichterschlauch drum herum gewickelt. Die ersten 60 Meter sind
verlegt. Es regnet wieder doller. Also wieder rein. Dann wird eben heute
schon der Weihnachtsbaum aufgestellt und geschmückt, was sonst erst am 24.
Dezember bei uns passiert. Unser Nachbar Lars (ja er heißt genauso wie
unser Sohn) hat uns einen Weihnachtsbaum besorgt und in die Scheune
gestellt. Äußert freundlich. Danke Herr Nachbar. Ich bringe den Baum rein.
Ein bisschen nach links hier und ein bisschen drehen da, nein, doch nicht
in diese Richtung. Es dauert keine halbe Stunde bis der Baum so steht, wie
wir uns das vorstellen. Der Regen hört auf. Den Baum schmücken Frau und
Kinder allein. Ich werde draußen wieder weitermachen, wo es langsam dunkel
wird. Die Prunkstücke des Vorgartens werden aufgebaut und eingeschaltet,
ein 1,30 Meter hoher Schneemann und ein 1,60 Meter hoher und 2,50 Meter
langer Weihnachtsmann mit Schlitten und einem Rentier davor.
Ja, das wirkt prima. Die ersten Schweden kommen vorbei und fragen mich etwas,
aber ich verstehe leider nicht, was sie sagen. Sie scheinen jedoch sehr
beeindruckt zu sein. Kein Wunder, beschränkt sich doch die weihnachtliche
Verzierung der Schweden im Wesentlichen darauf, 7-flammige Leuchter in
jedes ihrer Fenster aufzustellen. Ich gebe zu, dass ich ein wenig die
Bewunderung der Leute genieße. Es fängt wieder an zu regnen und zu
stürmen. Für heute mache ich draußen Schluss. Mal sehen, was der
Weihnachtsbaum drinnen macht. Der ist inzwischen auch fertig und festlich
geschmückt. Dieses Jahr alles in Gold. Fantastisches Ergebnis. Auch
sonst ist alles sehr weihnachtlich im Haus geschmückt und die
Räucherkerzen verbreiten einen sehr angenehmen Duft und unterstreichen die
weihnachtliche Stimmung zusätzlich. Nur der Schnee fehlt!!! Müde falle ich
abends ins Bett. 24.12.2004 7:00 Uhr Ich bin wach und kann nicht mehr
schlafen. Draußen ist es noch ziemlich dunkel. Ein Blick aus dem Fenster.
Alles grün, das letzte bisschen Schnee hat der Regen in der Nacht auf dem
Gewissen - Mist. Zwar hat der Wetterbericht sowieso keinen Schnee gemeldet,
aber ein bisschen Hoffnung wird man ja noch haben dürfen. Also wieder
nichts mit Weißen Weihnachten. 8:00 Uhr - ein Wunder geschieht! Es hat
begonnen zu schneien. Es ist zwar nur Schneeregen, aber der Wille zählt. Wir
frühstücken und die Flocken draußen werden immer dicker. Wir
können es alle kaum glauben. 11:00 Uhr - alles weiß, ja weiß! Ca. 15 cm
Schnee sind gefallen. Die Kinder machen draußen eine Schneeballschlacht
und bauen einen Schneemann, na
zumindest ein Drittel davon. 13:00 Uhr
Fernsehzeit. Der Kultfilm zu Weihnachten, der sein MUSS: "Schöne
Bescherung" wird in den DVD-Player eingelegt. Alle starren gespannt
in den Fernseher, nur ich nicht, ich schreibe nebenbei noch. Hunger kommt
auf, da wir noch kein Mittag gemacht haben. Wir sind um 14:50 Uhr zu unserem
Nachbarn (dem "großen" Lars) zum schwedischen Weihnachtsessen eingeladen
und sollen nichts vorher essen. Da der Hunger immer größer wird, muss das
herhalten was da ist. Und zwar eine bunt verzierte schöne Weihnachtsdose
mit wohl duftenden und noch lecker schmeckendem
Weihnachtsgebäck, die ich
von einem guten Freund geschenkt bekommen hatte und mit nach Schweden
genommen habe. Es fällt allen sehr schwer, mit dem Naschen und Knabbern
wieder aufzuhören. Dann ist es soweit, nur noch 5 Minuten. Zeit um noch
pünktlich zu sein, und dieses Mal haben wir es uns ganz fest vorgenommen.
Eigentlich sollte es ja kein Problem sein bei einem Fußweg von nur 2
Minuten. Aber da wir es nie schaffen, pünktlich zu sein, werden wir auch
dieses Mal unserem Ruf gerecht - 3 Minuten zu spät. Wir schieben den
Schnee als Grund für die Verspätung vor, da mittlerweile an die 25cm
Schnee liegen. Auf den Ästen der Bäume hat sich eine dicke weiße Schicht
gebildet, die die Zweige herunterdrückt. Es sieht alles sehr bizarr aber
wunderschön draußen aus. Zur Begrüßung gibt es Glögg mit Rosinen
drin, eine Art Glühwein, mit sehr intensivem Aroma nach Zimt und Nelken,
für die Erwachsenen mit und für die Kinder ohne Alkohol. Megalecker! Dann
gibt es schwedischen Kult: Um 15 Uhr beginnt im Schweden-TV eine
Disney-Sonder-Weihnachtssendung, die seit den 50er Jahren in dieser Form
jedes Jahr am 24. Dezember zur selben Zeit gezeigt wird. Anschließend das
Essen, wobei das Wort Essen nicht mal ansatzweise das widerspiegelt, was
unser 70-jähriger Nachbar Lars da gezaubert hat. Festmahl trifft es wohl
eher. Da gibt es zunächst 5 verschiedene Sorten Hering darunter
Dillheringe, Senfheringe und Ostseeheringe. Letztere ist eine spezielle
Sorte von gebratenen und eingelegten Heringen, die erst dann ihren Namen
erhalten, wenn sie an der Insel Öland am Langen Jan, einem Leuchtturm,
vorbeigeschwommen sind.
Ob Wahrheit oder Flunkerei ist völlig einerlei, es
schmeckt prima. Weiterhin gibt es Lachs mit Dillsoße, gekochte und
halbierte Eier mit rotem und schwarzem Kaviar. Dazu trinken alle
Julmust,
ein süßes Weihnachtsgetränk, das ein bisschen an Cola erinnert aber eine
Menge weihnachtlicher Gewürze enthält. Nächster Gang: "Janssons
Versuchung" etwas Überbackenes mit Kartoffeln, Zwiebeln, Anchovis und
Schlagsahne drin - mmmh, weiter geht’s mit speziell zubereiteten Rippchen
mit Apfelmus, dann gebratene Cocktailwürstchen, weiter mit
Kötbullar
(kleine gebratene Boulettchen oder für alle Nicht-Berliner kleine
gebratene Frikadellen). Als letzter Hauptgang der überbackene
Weihnachtsschinken mit Spezial-Senf, den Lars ebenfalls selbst zubereitet
hat. Uns fehlen allen vor Wohlschmecken die Worte. Als Dessert gibt es
noch einen Milchreis, der statt mit Milch mit Schlagsahne zubereitet
wurde. Darüber warme Alpenbeerensoße, köstlich. Kugelrund verlassen wir
nach dem 3-stündigen Festtagsschmaus unseren Gastgeber und stapfen durch
den inzwischen 30cm hoch liegenden Schnee nach Hause, da die Kinder
langsam ungeduldig werden. Schließlich waren sie das ganze Jahr über artig
und hegen daher berechtigte Hoffnung etwas vom
Weihnachtsmann zu bekommen. Und so kommt es wie es kommen muss, unterm Weihnachtsbaum liegen plötzlich
ungefähr 300 Geschenke, wovon 298 für unsere Kinder sind. Als das Leuchten
in den Augen beider Kinder zu sehen ist, wissen wir Eltern, dass der
Weihnachtsmann ganze Arbeit geleistet und die richtigen Sachen gebracht
hat. Später steht der Weihnachts-Kultfilm Nr. 2 "Der Grinch"
noch auf dem Programm. Danach gehen zufrieden die Kinder und einige Zeit
später auch wir Erwachsene ins Bett. Weihnachten war wieder sehr
erfolgreich. Besonders da es Weiße Weihnachten waren, was für uns
"Alte" das schönste Weihnachtsgeschenk war. 25.12.2004 7:00 Uhr Die
Familie erwacht, aber ein Blick nach draußen verheißt nichts Gutes. Obwohl
es am Abend noch geschneit hatte, ist der Schnee über Nacht zum Großteil
geschmolzen. Es scheint, dass es am Vortag wirklich wie durch ein kleines
Wunder geschneit hatte und es nun wieder das vom Wetterbericht
prognostizierte "normale" Wetter mit Regen und 6 Grad über Null gibt. 9:30
Uhr - das Frühstück ist erledigt. Heute sind wir die Gastgeber. Wir haben
unseren Nachbarn Lars um 13:00 Uhr zum Weihnachtsessen "Made in Germany"
eingeladen. Das heißt mit Äpfel und Orangen gefüllte Ente, Semmelknödel
und Kartoffeln, Apfelrotkohl und Grünkohl. Dazu Weihnachtsbier und als
Dessert Rotweincreme. Zu zweit liegen wir mit Allem gut in der Zeit. 3
Minuten vor 1 ist alles fertig und Lars kommt just in diesem Augenblick.
Auch unser Essen kommt sehr gut an, wenn wir auch selbst für uns den
Eindruck haben, dass wir mit dem Mahl vom Vortag nicht mithalten können.
Nachdem sich unser Besuch einige Stunden später verabschiedet hat,
überlege ich, wo ich die verbleibenden 3 Lichterketten noch unterbringen
könnte. Schnell ist ein Platz für einen Lichterschlauch gefunden und
dieser ebenso schnell verlegt. Diesmal in grün. Das gibt einen guten
Kontrast zu den vielen weißen Lämpchen. Da es draußen immer kälter und
windiger wird, gehe ich rein. Gemeinsam gibt es einen gemütlichen
Fernsehabend. Vom Sofa aus hat man einen prima Ausblick auf den vorderen
Garten der so festlich geschmückt ist und auf die davor verlaufende
Straße. Immer wieder fällt uns auf, dass Autos vor dem Garten anhalten
oder sehr langsam daran vorbei "schleichen" um kurze Zeit später (nach dem
Wenden) genauso langsam in die Gegenrichtung zu fahren. Es scheint so, als
wäre unsere "Erleuchtung" zum echten Wallfahrtsort avanciert, denn wir
zählen allein an diesem Abend ca. 20 Autos ("unbeleuchtete" und daher für
uns vom Wohnzimmer aus nicht erkennbare Fußgänger nicht mit eingerechnet).
Ein Gefühl von Freude und zugegeben von Selbstbestätigung steigt auf. Es
wird lediglich getrübt durch die Nachricht, dass unser Nachbar Lars
plötzlich ins Krankenhaus musste, da er wahrscheinlich Probleme mit seinem
Blutdruck hatte. Ich verwehre mich ausdrücklich gegen jeden Gedanken, der
dieses in irgendeiner Form mit unserem Essen in Verbindung bringt. In
Sorge um Lars schlafe ich Stunden später den Schlaf der "Gerechten". 26.12.2004 8:45 Uhr - heute habe ich mal ein wenig länger geschlafen. Ein
Blick aus dem Fenster verrät mir aber, dass ich nichts verpasst habe, das
Wetter ist ähnlich wie am Vortag, 5 bis 6 Grad über Null. Aber es regnet
nicht. So kann ich nach dem Frühstück weitere "Leuchtelemente" an der
Hauswand anbringen. Immer wieder schaue ich zum Haus von Lars um zu
erkennen, ob er vielleicht wieder da ist. Nachmittags ist es dann soweit.
Lars ist wieder da. Erleichterung steigt auf. Kurze Zeit später dann ein
1-Stündiger "Krankenbesuch", die Kinder wollten jedoch nicht mit. Zur
Begrüßung gibt für uns Whiskey und Contreau. Das wärmt durch. Lars dagegen
darf nur Kaffee trinken, da er morgen wieder ins Krankenhaus muss. Wir
hoffen alle sehr, dass er bald wieder nach Hause darf, auch er selbst. Von
ihm erfahren wir schließlich auch von der Katastrophe in Südostasien,
können aber zu diesem Zeitpunkt noch nicht viel von dem Ausmaß erfassen.
Nachdem nun alle Lämpchen am Haus und im Garten verbaut und angebracht
sind, sehen wir jetzt auf dem Weg von Lars zu unserem Haus auch selber das
erste Mal die ganze Pracht. Zwar fragen wir uns, ob wir nicht ein bisschen
verrückt sind. Zugegeben, eigentlich schon, aber da schon wieder Leute vor
unserem Garten stehen und staunen, ist uns das egal. Wir freuen uns und
lachen. Das Lachen vergeht uns dann am Abend, als wir die ersten Bilder im
Fernsehen vom Ausmaß der Horror-Flut sehen. Geschockt sehen wir, was uns
da "präsentiert" wird. Es ist ein ähnlichen Gefühl der Ohnmacht und
Fassungslosigkeit, wie ich es zuvor nur am 11.September 2001 hatte. Liebes
Weihnachtstagebuch, Weihnachten ist nun vorbei und so dürfte ich dir
eigentlich nicht mehr weiter schreiben. Ich habe mich aber entschlossen,
das Tagebuch bis ins Neue Jahr weiterzuführen. 27.12.2004 Nach dem
obligatorischen Frühstück ist der 3. Weihnachtskultfilm unserer Familie
dran: "3 Haselnüsse für Aschenbrödel" Allerdings muss ich gestehen, dass
ich den Film noch nie vollständig gesehen habe. Meine Frau und meine
Tochter dagegen können weite Teile des Film mitsprechen. Und auch unser
Sohn Lars kennt und sieht den Film sehr gerne. Der ganze Nachmittag wird
mit spielen verbracht. Schließlich müssen die neuen Geschenke auch
gemeinsam mal ausprobiert werden. Das Haus von unserem Nachbarn Lars
bleibt außer einer "Notbeleuchtung" dunkel. Das bedeutet, dass er heute
wohl nicht aus dem Krankenhaus nach Hause kommt. Vielleicht morgen?! 28.12.2004 Heute ist Faulenzertag, auch mal für uns Erwachsene. Der
Einkauf ist erst wieder morgen fällig. Also schmeißen wir vier uns nach
dem Frühstück auf das Sofa und glotzen Fern, bis die Augen viereckig sind.
Um 14:00 Uhr gibt es dann ein provisorisches Mittag mit Kartoffelsalat und
Würstchen. Das für heute vorgesehene Mittag verschieben wir kurzerhand auf
Abends, da keiner am Mittag Lust hatte zu Kochen - schließlich ist ja
Faulenzertag!
Für den Nachmittag haben wir uns was ganz besonderes
einfallen lassen. Und zwar haben wir erfahren, dass es in einem Ort Namens
Bjärnum auch jemanden geben soll, der noch "verrückter" ist als wir und
der sein Haus und Grundstück mit reichlich Lampen verziert hat. Da der Ort
nur ca. 40 km entfernt ist, fahren wir dort heute hin. Bei Einbruch der
Dunkelheit (15:45 Uhr) fahren wir los. Es geht vorbei an Bjärröd,
Ljungarum, Norra Mellby, Tormestorp, Hässelholm, Vankiva und Mala. Als wir
in Bjärnum einfahren, muss ich feststellen, dass der Ort doch nicht so
klein ist, wie zunächst angenommen. Und ich frage mich, wie wir
rauskriegen wollen, wo sich das vermeintliche Haus befindet, wenn es nicht
an der Hauptstraße liegt. Gedanklich bereite ich mich schon darauf vor,
mir auf schwedisch die Worte zurecht zu legen, um nach dem Weg zu fragen.
Nein, nein, war nur ein Scherz. Ich kann doch gar kein schwedisch,
abgesehen von ein paar Floskeln und ein paar Zahlen. Aber da hier in
Schweden fast jeder auch englisch spricht, überlege ich mir also wie ich
auf englisch frage. Vielleicht so: "Can you tell me, where is the house
with the millions of lamps." Oder vielleicht "Do you know, where lived the
crazy lamp-man?". Wir haben das Zentrum von Bjärnum bereits hinter uns
gelassen und ich habe die Hoffnung bereits aufgegeben, das Haus auf Anhieb
zu finden, als plötzlich auf der rechten Seite ein bunt beleuchtetes Haus
in einer Nebenstraße zu sehen ist. Also wieder wenden und rein in die
Straße. In der Straße selber ist direkt vor dem Haus ein kleiner Stau, da
viele sehr langsam an diesem Haus vorbei fahren (irgendwoher kenne ich das
doch). Ich parke unser Auto etwas weiter am Straßenrad und gemeinsam geht
es zu Fuß zu diesem Meisterwerk. Da hat sich derjenige wirklich viel Mühe
gegeben. Da ist zunächst das Haupthaus, dass mit buntem Lichterschlauch
als Silhouette dargestellt ist. Auf dem Dach ist ein Komet und an der
Seite eine riesige Weihnachtsglocke dargestellt. Vor dem Hauseingang 2
überlebensgroße Weihnachtsmänner mit jeweils einem Tiger an der
(beleuchteten grünen) Leine. Es sind wahrscheinlich "Weihnachtstiger".
Rechts davon in Originalgröße ein Schlitten mit 11
Rentieren davor.
Getrübt wird dieses Bild nur den Umstand, dass der Schlitten leider leer
ist (kein Weihnachtsmann, und keine Geschenke mit drin) und dass keines
der Rentiere eine rote Nase hat. Rudolf ist also nicht mit dabei. Links
von den mit beleuchteten Säulen flankierten Eingang dann ein voll
beleuchtetes übergroßes Pfefferkuchenhaus. Sowohl die Silhouette als auch
die Fenster und der Schonstein, einfach alles ist leuchtend bunt. Aber
weder Hänsel noch Gretel noch die böse Hexe sind zu Hause. Nachdem ich ein paar Fotos gemacht habe, komme ich mit dem Erbauer dieses
leuchtenden Kunstwerkes ins Gespräch. Er erzählt mir, dass er 6 Tage zum
Aufbau gebraucht hat. Und es bleibt mir noch ein Satz im Gedächtnis, den
mir dieser Mann sagte: "Man braucht nur ein bisschen Phantasie um so etwas
schönes zu schaffen." Wie recht er hat! Ich verabschiede mich und wir
fahren wieder zurück zu unserem Haus. 29.12.2004 Heute Vormittag ist ein
Einkauf unumgänglich. Es werden dringend neue Vorräte gebraucht, da die
weihnachtliche Fresssucht gähnende Leere im Kühlschrank hinterlassen hat.
Also bis Höör sind es nur 25 km, die in nur 20 Minuten zurückgelegt sind.
Der Parkplatz (und natürlich auch der Supermarkt) ist heute wesentlich
leerer als beim letzten Mal. Und so läuft der Einkauf auch wesentlich
entspannter ab. Nach dem Mittag will ich unbedingt was Sinnvolles tun. Die
Faulenzerei ist zwar mal ganz schön. Aber ständig? Nein, nichts für mich.
Also raus zum Schuppen, da wartet ein undichtes Fenster darauf, repariert
zu werden. Anschließend noch ein Kontrollrundgang durch den Garten und ...
dann doch wieder ins warme Haus. In der Küche duftet in der Backröhre ein
leckerer Kuchen, der voller Ungeduld darauf wartet, von uns gegessen zu
werden. Bis dahin dauert es aber noch ein knappes Stündchen. Immer wieder
gehen die Blicke zum Haus von unserem Nachbarn Lars. Wir leiden alle mehr
oder weniger an "Entzugserscheinungen", da mittlerweile heute der dritte
Tag ist, an dem wir ihn nicht gesehen haben. Scheinbar ist er immer noch
im Krankenhaus. Wir hatten gehofft, dass er bald wieder zu Hause sein
wird. Leider haben sich diese Hoffnungen bis heute nicht erfüllt. Für
morgen nehmen wir uns vor herauszubekommen, in welchem Krankenhaus er
liegt, um ihn zu besuchen. 16:00 Uhr Der Kuchen ist fertig und abgekühlt
und schmeckt ... himmlisch. Danach gebe ich dem Bitten meiner Tochter Susi
nach und wir spielen ein paar Runden Yatzi. Das hätte ich aber lieber
lassen sollen. Beim spielen ist heute wohl nicht mein Glückstag, Susi
freut sich darüber um so mehr. Den ganzen Nachmittag stand meine Frau in
der Küche um unsere hungrigen Mäuler zu stopfen, zuerst für den Kuchen und
später dann für das Abendbrot, einen leckeren Bohneneintopf. Ich bin ihr
dankbar, dass ich heute nicht helfen brauch. So habe ich genug Zeit, meine
Gedanken nieder zu schreiben. 30.12.2004 Der vorletzte Tag des Jahres
bringt leider wieder Wetterverschlechterung. Was es gestern noch knapp
unter Null Grad, dafür aber weite Strecken sonnig, so sind es heute zwar
deutlich über Null Grad, (vielleicht 6 oder 7 Grad) aber es nieselt. Dazu
weht ein kräftiger Wind. Echt ungemütlich. Wir hatten uns eigentlich für
heute vorgenommen, beim Reiterhof anzurufen, um nachzufragen, ob heute
Nachmittag wieder ein paar Reitstunden möglich sind, damit Susi ihre zu
Weihnachten bekommenen Reitsachen mal ausprobieren kann. Aber bei diesem
Wetter hat sich das leider (für Susi) erledigt. Auch die zweite Sache, die
wir für heute Nachmittag geplant hatten, ein Besuch im Brio
Werksverkauf-Shop, müssen wir "zu den Akten legen", da dieser heute
entgegen unseren Erwartungen geschlossen hat. Und das ist wirklich schade,
denn die haben dort nämlich immer sehr preisgünstiges und tolles
Holzeisenbahnzubehör, welches man natürlich nur für die Kinder zum spielen
kauft und nicht etwa auch für sich selbst. Natürlich!!! Also entschließen
wir uns, nach Kristianstad zu fahren, um unseren Nachbarn Lars zu
besuchen. Kristianstad ist sozusagen die Verwaltungshauptstadt unserer
Kommune und hat vielleicht an die 30.000 Einwohner. Die 30 km dorthin sind
in einer knappen halben Stunde zurück gelegt. Da es nur ein Krankenhaus
dort gibt, sollte es nicht so schwer sein, es ausfindig zu machen. Die
Kinder hatten keine Lust zum Krankenbesuch und so blieben sie zu Hause und
spielten. In Kristianstad angekommen ist der Weg zum Krankenhaus gut
ausgeschildert. Ich erwarte einen 2- oder 3-geschossigen Bau. Um so
erstaunter bin ich, als ich das Krankenhaus finde, welches sich als ca.
20-stöckiger Gebäudekomplex entpuppt. Wie wir später erfahren sollen, sind
dort "Lagerkapazitäten" für ca. 2000 Patienten. Nachdem ich eine Runde um
diesen Komplex gedreht habe, stelle ich das Auto in der Nähe vom
vermeintlichen Haupteingang (im Halteverbot) ab. Meine Frau "steht
Schmiere", derweil ich mich im Krankenhaus nach Lars erkundige. Nach
kurzer Zeit habe ich die Zimmernummer und ich eile erst mal wieder zum
Auto. Als das Auto ordentlich geparkt ist, geht es auf in den 10. Stock.
Dort ein Schild: Besuchszeiten 13:30 bis 20:00 (natürlich auf Schwedisch).
Da wir nicht so lange warten wollen, fragen wir nach und nach wenigen
Minuten kommt Lars in den Empfangsbereich dieser Station, der mit sehr
bequemen roten Polstermöbeln und sogar einem Fernseher ausgestattet ist.
Wohlgemerkt, es ist nur der Empfangsbereich! Lars sagt uns, dass er
wahrscheinlich am Nachmittag vorerst nach Hause kommen wird, was uns
natürlich sehr freut. Er berichtet uns wieder interessante Dinge. So ist
die Krankenschwester, die ihn auf seiner Station betreut, nur 2 Tage vor
dem Umglück mit der Flut aus Thailand aus dem Urlaub zurückgekehrt. Obwohl
sie im Prinzip dem Tod nur knapp entkommen war, wollte sie sofort wieder
zurück, um dort zu helfen. Aber man brauchte sie dringender im Krankenhaus
von Kristianstad. Nach einer Viertel Stunde muss er wieder zurück und wir
machen uns auch wieder auf den Rückweg. Am Nachmittag ist es dann soweit,
Lars ist wieder da. Ich gehe zu ihm und frage ihn, ob er uns heute Abend
wieder besuchen möchte. Die Einladung nimmt er gern an. Meine Frau hat
inzwischen schon wieder das Mittag für den nächsten Tag vorbereitet, was
sich später als sehr vorteilhaft herausstellen soll. Ich mache ihr eine
Freude, in dem ich das Bad etwas verschönere: Ein neues Regal und ein
neuer Spiegel soll unbedingt noch angebaut werden. Na, das mach ich doch
gern, ist doch auch kein Problem, ein paar Schrauben in ein Holzhaus
reinzudrehen, ... dachte ich. Denn genau an dieser Stelle, an der ich es
anbringen sollte, war kein Holz sondern bröseliger Stein. Nach
geschlagenen 90 Minuten, Lars ist inzwischen auch schon da, ist der "10
Minuten-Job" erledigt. Tja kann nicht immer alles so glatt gehen. Der
Abend war jedenfalls wieder sehr schön. Wir haben wieder viel über
schwedische Traditionen und über schwedische Behandlungsmethoden in
Krankenhäusern erfahren und dabei viel gelacht. Ich muss hier anmerken,
dass Lars seinerzeit für das schwedische Außenministerium sehr viel in
Deutschland zu tun hatte und daher auch sehr gut deutsch sprechen kann.
Das erleichtert uns allen natürlich die Verständigung sehr und so
verstehen wir unsere "Schwedisch-Lektionen" auch leichter. Lars kann viel
und vor allem sehr interessant erzählen. Viel zu schnell vergeht der Abend
und Lars verabschiedet sich müde nach Hause.
31.12.2004 Wir sitzen alle
beim Frühstück und meine Frau erzählt so ganz nebenbei, dass sie es toll
fände, wenn wir auch so ein Set aus Glögg-Gläsern und -Löffeln hätten,
welches wir zufällig bei unserem letzten Einkauf gesehen haben. Auf meine
Frage, ob wir heute noch mal dorthin fahren wollen, um dieses zu kaufen,
antwortetet sie mir nur, dass der Aufwand für die 25 km hin und 25 km
zurück vom Laden viel zu hoch ist für das Set. Ich bin nun mittlerweile 13
Jahre mit meiner Frau verheiratet und so weiß ich genau, was sie darüber
denkt. 15 Minuten später sitzen wir im Auto und 1 Stunde später wieder im
Haus am Tisch bei original schwedischen Glühwein (Glögg) aus Glögg-Gläsern
mit Glögg-Löffeln. Das Wetter rechtfertigt natürlich auch den Genuss
dieses Getränkes, da es draußen nasskalt ist, obwohl es glücklicherweise
nicht regnet. Da das Mittagessen - es gibt heute Rouladen - ja bereits
gestern weitgehend vorbereitet wurde, ist der Rest innerhalb von 15
Minuten fertig. Das ist auch heute sehr wichtig, denn wir sollen um 13:00
Uhr zu Lars kommen um wieder ein leckeres Dessert zu uns zu nehmen. Leider
können wir das Mittag nicht zusammen essen, da er spezielle Kost zu sich
nehmen muss. Aber das Dessert, wieder ein Schlagsahne-Milchreis mit heißer
Erdbeersoße lässt auch er sich nicht entgehen. Nach dem Essen, zeigt mir
unser schwedischer Freund alte Karten von Rickarum aus denen hervor geht,
dass unser kleines schwedisches Dorf Rickarum mindestens genauso alt ist,
wie Berlin, also ca. 770 Jahre. Ist alles hochinteressant, jedenfalls für
mich und meine Frau. Die Kinder wollen lieber fernsehen und gehen deshalb
wieder zurück zu unserem Haus. Wir bleiben noch ein bisschen, verabreden
uns aber beim Abschied für den Abend diesmal wieder bei uns. Um 20:00 Uhr
kommt unser Besuch. Wir trinken zunächst wieder Glögg und danach
alkoholfreie Frucht-Bowle. Gegen halb 11 verabschiedet sich unser Besuch
wieder. Wir hatten gehofft, dass er bis Mitternacht bleibt, aber da er
müde ist, haben wir natürlich Verständnis dafür. Auch meine Frau wird
immer müder und ich habe ebenso Schwierigkeiten, wach zu bleiben. Das sind
mit Sicherheit die Auswirkungen der "vielen" Arbeiten, die wir an diesen
Tage erledigt haben. 00:00 Uhr Prost Neujahr. Da meine Frau immer müder
wird, geht sie kurz nach Mitternacht ins Bett - und ich mit meiner Tochter
raus. Viel haben wir zwar nicht dabei - es sind nur die Reste der
letzten Jahre - aber da Effektfeuerwerk dabei ist, können wir mit unserem
Nachbar Lennard ganz gut mithalten. Er und wir sind die Einzigen,
jedenfalls in unserer Straße, die das neue Jahr mit "Lärm" begrüßen. Ich
vermute, alle anderen verbringen den Jahreswechsel bei Freunden und
Bekannten. Aber egal. Nach knapp 30 Minuten sind wir wieder im warmen Haus
und eine halbe Stunde später meine Tochter im Bett. Ich schalte noch ein
bisschen im Fernseher hin und her und beobachte die letzten Autofahrer,
die vor unserem Grundstück anhalten, um sich die Beleuchtung anzuschauen.
Morgen, ach nein heute wird schließlich alles wieder abgebaut.
01.01.2005
Kurz vor Neun Uhr werde ich wach. Das war also die erste Nacht im neuen
Jahr. Die Stimmung am Frühstückstisch ist etwas gedrückt. Alle wissen,
dass heute Zusammenpacken angesagt ist, da es morgen früh wieder zurück
nach Berlin geht. Und dieses Wissen schlägt aufs Gemüt. Nach dem Frühstück
mache ich mich an die Arbeit um die schöne Haus- und Gartenbeleuchtung
abzubauen. Es kommen sogar einige Nachbarn vorbei, die es bedauern,
dass alles wieder weg kommt. Es ist also in unserem Dorf gut angekommen.
Ich habe die Scheiben vom Auto runtergekurbelt und in den CD-Player vom
Autoradio die Shania Twain Dream Song CD eingelegt. Sehr melancholisch.
Aber diese passen zu meinem derzeitigen Gemütszustand am besten. Sie läuft
2 Mal, dann bin ich mit abbauen so gut wie fertig. Zum Mittag gibt es
"Reste-Essen". Vom Nudelsalat vom Vorabend ist noch mehr als die Hälfte
übrig, so dass es locker als Mahlzeit durchgeht. Das Stück Kasselerkamm,
was wir eigentlich für heute eingeplant (und auch schon aufgetaut hatten)
ist leider zu viel. Wir wissen noch nicht so recht, was wir damit machen
sollen, aber es sollte sich später noch eine andere Verwendungsmöglichkeit
ergeben. Als ich nämlich gerade dabei bin, die Lichterschläuche,
Lichterketten und sonstiges Leuchtmittel mit den insgesamt 3606 Lämpchen
auf insgesamt ca. 110 Meter Länge, sowie die noch mal knapp 100 Meter
Stromkabel und 13 Steckdosen die ich dafür benötigt habe einzurollen und
wegzuräumen, steht plötzlich hinter mir in unserem Garten ein Hund. Ich
würde sagen eine Schäferhund-Collie-Mischung mit langem Fell. Er erinnert
mich ein bisschen an den Wolf von Rotkäppchen. Die Frage ist, bin ich das
ängstliche Rotkäppchen oder soll ich der Jäger sein. Da der arme Hund das
Wasser aus den Pfützen auf der Straße trinkt, packt mich das Mitleid. Ich
beratschlage mich kurz mit meiner Frau. Dann bringt sie eine Schale mit
Wasser und das Stück Kasseler. Der Hund der wirklich durstig und hungrig
zu sein scheint, stürzte sich freudig auf die Leckerbissen. Die Kinder
werfen ihm ein ums andere Mal die Fleischstückchen zu und üben sogar
Kunststückchen. Kurze Zeit nachdem sich "Hundchen" - wie wir ihn
getauft hatten - satt gefressen und getrunken hatte, kamen Leute im Auto
vorbei, die ständig riefen und pfiffen. Keine Frage, sie scheinen
"Hundchen" zu suchen (der eigentlich Rex heißt) ... und werden bei uns
fündig, sehr zum Leidwesen meiner Kinder, die gern noch weiter mit dem
Tier gespielt hätten. Dafür gibt es zum Trost noch ein paar Wunderkerzen,
die noch recht zahlreich vom Vortag vorhanden sind. Sie erfüllen ihren
Zweck und der Hund ist schnell wieder vergessen. Im Haus hat meine
Frau auch schon ordentlich gewirbelt, den Baum abgeschmückt, die
Weihnachtsdekorationen in Kartons verstaut und die Sachen weitgehend
eingepackt. Alles in der Zeit, wo ich mich mit den paar Lichtern, mit dem
bisschen Kabel und den paar Steckdosen beschäftigte. Tja, Frauen scheinen
da wohl etwas effektiver zu arbeiten. Ich packe die Taschen - soweit sie
fertig sind - ins Auto. Der Rest kommt morgen früh rein. Müde und
geschafft gehen wir alle an diesem Abend zeitig ins Bett. 02.01.2005 4:45
Uhr Der Wecker klingelt. Es ist draußen dunkel und windig. Verschlafen
mache ich das "Störgeräusch" aus. Nur noch 5 Minuten liegen bleiben ...
nach 10 Minuten stehe ich auf. Um halb 6 ist alles so weit vorbereitet,
dass die Kinder geweckt werden können. Dann den Rest der Tüten, Taschen
und Beutel ins Auto. Mir kommt es bald so vor, als würden wir mehr wieder
zurück nehmen, als wir hergebracht haben. Aber nein, ganz so viel ist es
dann doch nicht. Es regnet wieder mal und es ist immer noch sehr windig.
Für die Ostsee ist auch wieder Sturm vorhergesagt. Das kann ja auf der
Fähre heiter werden. Kurz nach Sechs ist alles verstaut. Dann nur noch im
Haus das Wasser abstellen und die Alarmanlage dieses Mal nicht vergessen,
zu aktivieren. 6:15 Uhr Wir sind abfahrbereit. Ein letzter Blick zum Haus
, ein letzter stiller Gruß, dann geht es voller Wehmut los. Während der
Fahrt regnet es immer wieder sehr heftig. Meine Frau bringt es auf den
Punkt: "Das Wetter ist zum heulen!" Es drückt wieder sehr deutlich aus,
wie uns allen zumute ist, da wir alle am liebsten noch in Schweden
geblieben wären. Kurz vor halb Acht sind wir am Hafen von Trelleborg.
Dieses Mal stehen schon eine Menge Autos in den Wartespuren an der Fähre.
Doch nur wenige Minuten später können wir aufs Schiff fahren. Es ist
wieder die MS Trelleborg – leider, denn das andere Schiff, welches diese
Route befährt, die MS Saßnitz, hat das leckere Essen. Aber egal, wir
setzen uns ins Bordrestaurant, welches sich ganz vorn auf dem Schiff
befindet. Bereits nach einer halbe Stunde nach dem Ablegen bewahrheiten
sich die Befürchtungen. Der Himmel weint bitterlich, dazu starker Seegang.
Die Stabilisatoren laufen auf Hochtouren, aber sie können
nicht verhindern, dass einige Passagiere "rückwärts essen". Auch meine
Tochter und meine Frau kämpfen mit den Auswirkungen der Naturgewalten auf
die Magengegend, aber sie halten tapfer dagegen. Ich dagegen finde es sehr
imposant, wenn das Schiff in die Wellen eintaucht und das Wasser bis an
die Fensterscheiben spritzt, die sich immerhin in ca. 10 bis 15 Meter Höhe
über den Wasserspiegel befinden. Für eine halbe Stunde kommt sogar die
Sonne zum Vorschein. Sie blendet die Passagiere ordentlich und wird nur
hin und wieder verdeckt, wenn die Gischt der gegen das Schiff peitschenden
Wellen gegen die Fenster spritzt. Die knapp 4-stündige
Seefahrt wird für meine beiden Damen zur Ewigkeit und zur Nervenprobe.
Mittlerweile haben wir schon eine Menge Wetterkapriolen durch: Sonne,
Wind, Regen, Nebel. Nur Schnee und Hagel gab es nicht, noch nicht! Aber
das sollte sich im späteren Tagesverlauf auch noch ändern. Kurz nach 12:00
Uhr endlich die Erlösung, wir sind in Saßnitz. Jetzt liegen nur noch 350
km und ca. 4 Stunden zwischen hier und Berlin – dachte ich jedenfalls. Im
Verkehrsfunk: "Auf Rügen zwischen ... und ... ein kleines bisschen mehr
Zeit einrechnen." Na gut ein kleines bisschen habe ich eingerechnet. Nach
knapp 15 Kilometer der insgesamt 45 auf Rügen zu fahrenden Kilometern
Stillstand. Oh nein nicht jetzt schon. Aber es war so! Bis zum Rügendamm
Stau und nur sehr schleppendes Vorankommen. Für eine Strecke, die man bei
normalen Verhältnissen in ca. 30 Minuten schafft, haben wir tatsächlich
über 3 Stunden gebraucht. Und dazwischen (aber nicht der Grund für den
Stau) die noch "fehlenden" Wetterphänomene: Graupel-, Hagel- und
Schneeschauer. Auch die Sonne gibt hin und wieder ein kurzes
Gastspiel. Mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 15 km/h
("ein kleines bisschen mehr Zeit einrechnen" – Haha, ich lach mich tot)
verlassen wir Rügen. Ach ja, einen Grund gab es für den Stau natürlich
nicht, kein Unfall, keine Baustelle. Scheinbar einfach nur zu viele Autos
und eine schlechte Verkehrsplanung. Mit großer Wut im Bauch machte ich
mich an die restlichen 300 km, die wiederum glücklicherweise keine weitere
Verzögerung brachte. So kamen wir exakt 8 Minuten nach 18 Uhr wieder in
Berlin an. Just zur selben Zeit zu der wir losgefahren sind. Damit schloss
sich also wieder der Kreis. Vielleicht war das auch der "Preis" für die
Weißen Weihnachten. Jedenfalls sind alle wieder sehr froh, endlich zu
Hause angekommen zu sein. Damit schließe ich mein Weihnachtstagebuch,
jedoch nicht ohne noch allen ein Gesundes Neues Jahr 2005 zu wünschen.
© Wolfgang Hegner |