Schweden war lange vielleicht das
einzige Land, dass keinen offiziellen Nationalfeiertag besaß. Um die
Jahrhundertwende forderten viele Heißsporne, dass auch Schweden einen
Nationalfeiertag erhalten solle. Doch musste das Land noch lange ohne
einen solchen auskommen, bis die Stimmung des Ersten Weltkrieges dazu
beitrug, dass auf private Initiative hin der 6. Juni zum Tag der
schwedischen Fahne erklärt und gefeiert wurde. Dass man sich gerade
für dieses Datum entschied, lag daran, dass
Gustav Wasa, der Befreier
von der seit dem späten Mittelalter aufgezwungenen Union mit Dänemark,
am 6. Juni 1523 zum König Schwedens gewählt und die schwedische
Verfassung am 6. Juni 1809 unterzeichnet worden war. Seit 1916 fand am
6. Juni ein großes, paradeartiges Fest im Stadion in Stockholm statt,
auf dem der König an Vertreter verschiedener Körperschaften Fahnen
verteilte. Später siedelte das Fest in das Freilichtmuseum Skansen um,
wo es gleichzeitig auch weitgehend auf seine militärische Prägung
verzichtete. Wie üblich finden die Hauptfeierlichkeiten unter Teilnahme der
schwedischen Königsfamilie statt. Doch erhielt der 6. Juni erst 1983 den Rang eines
offiziellen Nationalfeiertages (Sveriges nationaldag). Bemerkenswert ist dabei die im
Hinblick auf den Nationalismus herrschende Zurückhaltung, die sich
daran ablesen lässt, dass der Nationalfeiertag ein ganz normaler
Arbeitstag war! Daher wurde die vielerorts mit feierlichen Reden
begleitete Flaggenparade häufig auf den Abend verlegt, ebenso wie die
königliche Flaggenverteilung auf Skansen. Nach langen Jahren der politischen
Diskussionen ist der 6.Juni erst seit 2005 ein offizieller staatlicher Feiertag,
an dem die Schweden nun auch nicht arbeiten müssen.
Seitdem feiern immer mehr Schweden ihren Nationalfeiertag und an den
meisten Häusern wird die schwedische Flagge gehisst. Nach Umfragen von
der Universität Göteborg zeigt es sich, dass viele den schwedischen
Nationalfeiertag feiern, die in anderen Ländern geboren wurden. In
vielen Gemeinden werden an diesem Tag besondere Feste für die neuen
Einwanderer veranstaltet. In Stockholm wird der Nationalfeiertag immer
in Skansen gefeiert, wo der König und die Königin anwesend sind.
Kronprinzessin Victoria besuchte am Nationaltag das Schloss Görväln in
Järfälla, wo sie eine Rede hielt. Auch andere Initiativen, wie die
Erklärung der Nyckelharpa (Schlüsselharfe) zum National-Instrument, gestalten
sich politisch als nicht ganz einfach. Den Charakter eines
"Volksfestes" (wie z.B. in Norwegen) hat der 6. Juni nie erhalten.
Dagegen sind nur wenige Länder so reichlich mit privaten Fahnenstangen
ausgestattet wie Schweden. An allen "allgemeinen Flaggentagen", wie
z.B. am Mittsommertag, weht das blaugelbe Tuch in den Vorgärten der
meisten Einfamilienhäuser, Sommerhäuschen und von den Balkonen der
Hochhäuser.
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