Nach dem Krieg nahm der Verkehr zwischen Schweden und Dänemark deutlich zu. In den 50er Jahren mussten die Reisenden
zwischen den nordischen Ländern ihre Pässe nicht mehr vorzeigen. Als Folge
davon erlebten die Fährverbindungen über den Sund einen regelrechten Boom.
Die meisten Schiffe waren schwimmende Restaurants. Während der Überfahrt
wurden Speisen und Getränke zu günstigen Preisen serviert und Lifebands
spielten Tanzmusik. Der Alkohol floss in rauen Mengen. Er war billig und
zollfrei, weil die Fähren internationale Gewässer befuhren. Der Öresund ist immer ein großes Hindernis
für die Beförderung von Passagieren und Waren von Schweden nach Dänemark und
weiter nach Europa gewesen. Verschiedene Vorschläge für eine feste
Verbindung zwischen Dänemark und Schweden sind gemacht worden. Der erste
1936, aber die Pläne wurden nie umgesetzt. Mitte der 80er Jahre gründete der
schwedische Generaldirektor von Volvo, Pehr Gyllenhammar, und andere
einflussreiche Industrielle einen Interessenverband mit dem Namen Scanlink.
Das Hauptziel von Scanlink war es, die dänische und die schwedische
Regierung für den Bau einer Brücke über den Öresund zu gewinnen. Diese
Verbindung sollte sicherstellen, dass Skandinavien wirtschaftlich nicht vom
Rest Europas isoliert würde. Die Regierungen prüften die Berichte von
Scanlink und nutzten sie als Arbeitsgrundlage. In der Zwischenzeit schloss
die schwedische Regierung verschiedene Abkommen mit Volvo. Volvo versprach
neue Arbeitsplätze zu schaffen und konnte so die Forderungen der Industrie
durchsetzen. Am 29.12.1993 unterzeichneten der dänische Ministerpräsident
Poul Nyrup Rasmussen und sein schwedischer Kollege Carl Bildt den Vertrag zum
Bau der Öresundverbindung. Am 16.06.94 fasste die schwedische Regierung den
Beschluss, dass die Öresundverbindung nach dem Wasserschutzgesetz und dem
Naturressourcengesetz realisiert werden könne. Um aus den Plänen das Beste herauszuholen,
schrieb das Konsortium einen Designwettbewerb aus. Eine Schrägseilbrücke
sollte alle Probleme lösen. Da die Kabel direkt mit den Pylonen verbunden
sind, ist die Struktur steif genug für den schweren Schienenverkehr.
Außerdem sind Schrägseilbrücken billiger, als der von Hängebrücken. Oben
befindet sich eine vierspurige Autobahn, unten sind die Schienen für den
Hochgeschwindigkeitsverkehr. Die Regierung stellte nach
Prüfung fest, dass die Gestaltung der Verbindung in hohem Maße den Forderungen
nach möglichst geringen Auswirkungen auf die Umwelt angepasst wurde. Die
Verbindung über den Öresund wird das Einfließen von salz- und sauerstoffreichem
Wasser nicht behindern. Mit der Planung, dem Bau und der Finanzierung der
gesamten Verkehrsverbindung wurde das "Øresundkonsortiet" beauftragt. Es gab damals viele Gegner. Warum sollte
man mehr Wachstum anstreben? Die Fähren waren doch so gemütlich. Viele
hatten auch Angst, dass die Umwelt zerstört werden würde. Die Leute stehen
allem Neuen eher kritisch gegenüber. Weite Teile der Bevölkerung,
Umweltschützer und linke Gruppen äußerten ihren Unmut über das Projekt.
Viele fürchteten, dass die einmalige Landschaft durch den Brückenbau
zerstört würde. 1996 besetzten Demonstranten die künstlich angelegte Insel "Pepparholm"
(dänisch: Peberholm),
um die Bauarbeiten zu behindern. Die Besetzung dauerte ganze 5 Stunden, dann
vertrieb die Polizei die Demonstranten. Das war das Ende des Widerstands.
Keine der Aktionen konnte die Regierungen überzeugen, ihre Entscheidung
zurückzunehmen. Die Öresundquerung ist die weltweit größte
Brücke ihrer Art. 5000 Menschen aus 10 verschiedenen Ländern waren auf der
Baustelle beschäftigt. Nach der
Fertigstellung fungiert das Konsortium, das zu gleichen Teilen dem dänischen
wie dem schwedischen Staat gehört, als Eigner und Betreiber der
Verkehrsverbindung. Die aufgenommenen Kredite von umgerechnet 3 Milliarden Euro
zum Bau der Verbindung sollen durch Mautgebühren innerhalb von 27 Jahren
zurückgezahlt werden. Ob das gelingen würde, war beim Startschuss noch
nicht sicher. Darum erfolgte die Finanzierung der Brücke mit Hilfe von
Staatsgarantien. Die gesamte Querung von Küste zu Küste ist 16
Kilometer lang und besteht aus einer
Bahn- und Straßenverbindung. Im Gebiet Lernacken, an der schwedischen Küste, ist eine große Mautstation errichtet,
zusammen mit einer Servicestation und Einrichtungen für Zoll- und
Veterinärkontrolle. Die Mautstelle ist für über 10.000 Kraftfahrzeuge pro Tag
eingerichtet. Östlich vom
Brückenkopf bei Lernacken verläuft die 3740 m lange Anschlussbrücke in einer sanften
Biegung nach Nordwesten. Die Anschlussbrücke hat zu Beginn der Auffahrt eine frei Höhe
von 8 m und steigt bis zur Hochbrücke langsam auf eine Durchfahrtshöhe von 65 m an. Die
1624m lange Schrägseilbrücke über der
Flint-Rinne wird von 85
Zentimeter dicken Stahlseilen getragen. Westlich der Hochbrücke führt eine
2610 m lange Anschlussbrücke von 65 m lichter Höhe hinunter zu der 4380m
langen, neben der nahe gelegenen Naturschutzinsel Saltholm, künstlich angelegten Insel Pepparholm. Am 14. August
1999 wurde das letzte Teilelement eingefügt. Vom
westlichen Inselteil aus wird die Verbindung durch einen 3750 m langen
Senktunnel unter der Drogden-Rinne fortgesetzt, wo sich der Hauptteil des
Schiffsverkehrs im Öresund abspielt. Die Tunneloberkante liegt an der tiefsten
Stelle gut 13 m unter dem Meeresspiegel. In Dänemark endet der Tunnel auf einer
künstlichen Halbinsel, die sich nördlich vom Flughafen Kopenhagen-Kastrup 430 m
hinaus vor die bestehende Küstenlinie erstreckt. Der Bau eines Tunnels war
zwingend notwendig, da eine Brücke den Flugverkehr des Kopenhagener Flughafens
nachhaltig beeinträchtigt hätte. Die vierspurige Schnellstraße ist für eine
Geschwindigkeit von 110 Km/h und die zwei darunter liegenden Gleise für
Personenzüge bis zu 200 km/h und Güterzüge bis 120 km/h ausgelegt. Im Tunnel
darf man max. 90 Km/h fahren. Was die Naturgewalten der Eiszeit vor mehr als
8000 Jahren auseinander rissen, ist dank moderner Ingenieurskunst wieder
vereint. Am 1. Juli 2000 wurde die Brücken- und Tunnelverbindung über den
Öresund offiziell von Dänemarks Königin Margrethe und Schwedens König Carl XVI Gustaf
eingeweiht und um 23:00 Uhr für den Bahn- und Autoverkehr freigegeben.
Die Wartung und das Geschehen auf der Brücke werden von einem Gebäude nahe der
Mautstelle auf der schwedischen Seite überwacht. 30.000 Punkte auf der
Brücke liefern Informationen, die in den Computern des Kontrollzentrums
zusammenlaufen. Die Sicherheit wird rund um die Uhr überwacht. 256
Kameras
überwachen die gesamte Verbindung. Computer erkennen sofort, wenn ein Auto
liegen bleibt und alarmiert die Mitarbeiter. Mit der Brücke ist eine neue Region geschaffen worden und mit ihr die Vision
einer neuen treibenden Kraft in Europa. Mit ihren 3,5 Millionen Einwohnern
ist die Öresundregion die am dichtesten besiedelte Region von Skandinavien.
Die Bevölkerung ist hoch qualifiziert und die Wirtschaft stark. Es gibt ein
reiches und vielfältiges Kulturleben. Die Brücke wertete die Region auf. Man
ist von ihr schnell auf dem Land. Männer und Frauen sind gleichberechtigt
und man ist offen gegenüber Minderheiten. In all diesen Punkten liegt diese
Region im internationalen Vergleich ganz weit vorne. Heute ist die
Öresundregion eine der am dynamischsten in Europa. Ein Wachstumszentrum
innerhalb dessen, was die Volkswirte und Städteplaner das Europa der
Regionen nennen. Der Staat verliert seine Bedeutung. Die Regionen werden im
zukünftigen Europa eine größere Rolle haben. Durch die Öresundbrücke steht die Region heute in einer glühendheißen
Hochkonjunktur. In der Öresundregion leben etwas zehn Prozent der Bevölkerung
Nordeuropas. Jeden Tag pendeln 20.000 Menschen von Skåne über die Brücke, um in
Kopenhagen zu arbeiten. Von den täglichen Pendlern reisen etwa 13.000 mit dem
Zug und 7.000 mit dem Auto. Kopenhagen schreit regelrecht nach Arbeitskräften.
In jedem zweiten Geschäft hängt ein Zettel "Hjälp söke" und die
südschwedischen Stellenanzeigen sind voll mit Stellenangeboten. Malmö hat die
niedrigste Arbeitslosigkeit seit über 25 Jahren. Schweden und Dänemark haben eine lange gemeinsame
Geschichte, gemeinsame
sprachliche Wurzeln und ein gemeinsames kulturelles Erbe – und jetzt haben
sie eine feste Verkehrsverbindung. Seitdem die Öresundbrücke eröffnet wurde,
hat die Auswanderung von Dänen nach Schweden explosionsartig zugenommen. Der
Wohnraum in Schweden ist günstig und man ist schnell in Dänemark. Das lockt
viele Dänen über den Öresund. Immer mehr Dänen begreifen, dass man in
Schweden günstig leben und trotzdem in Kopenhagen arbeiten kann. Viele
Schweden arbeiten heute in Dänemark, weil sie in Kopenhagen mehr verdienen.
Der Zuwachs ist auf die starke wirtschaftliche Entwicklung der
Öresund-Region zurückzuführen. Für die jüngere Generation ist die
Zusammenarbeit über die Grenzen hinweg selbstverständlich geworden. Schwedens Anbindung an den Kontinent könnte noch enger werden, falls das
Projekt zur Querung des Fehmarn-Belt, das die Insel Lolland im Süden Dänemarks
mit Deutschland verbinden würde, verwirklicht wird. Die geplante feste
Fehmarn-Belt-Querung zwischen Deutschland und Dänemark würde vor allem dem
Güterverkehr von und nach Schweden zugute kommen. Die deutsche und die dänische
Regierung haben sich bereits für die feste Querung des Fehmarn Belts
entschieden. Der Bau soll privat finanziert werden und bis 2028 abgeschlossen
sein. Die Kosten für die Hinterlandanbindung auf deutscher Seite zahlt die BRD.
Reparaturarbeiten auf der Öresundbrücke
Das Öresundkonsortium warnte im Dezember 2006 die Schifffahrt vor
herunterfallenden Betonstücken an der Öresundbrücke. Alle Freizeitsegler,
Schiffer und Fischer wurden aufgefordert, sich von dem Risikogebiet fern zu
halten. Dieses umfasste die ganze Brücke außer dem Hochbrückenteil über der
Flint-Rinne auf der schwedischen Seite. Die Schäden wurden während einer
Garantieinspektion auf der Unterseite des Eisenbahndecks entdeckt. Das
Eisenbahndeck befindet sich unter den Fahrbahnen für Kraftfahrzeuge. Das
Problem waren die Betontröge, die die Unterlage für die zwei Eisenbahnspuren
bilden. Diese liegen teilweise so nah zusammen, dass sie von den Vibrationen
der vorbeifahrenden Züge kaputt gescheuert wurden. Im Januar 2007 begann
man mit den Reparaturarbeiten über der Trindel-Rinne, einer kleinen Fahrrinne
zwischen der Flint-Rinne und der schwedischen Küste. Die Hochbrücke auf der
schwedischen Seite hat ein Eisenbahndeck aus Stahl und brauchte deshalb nicht
repariert zu werden.
Anfahrt:
Man fährt auf der E47 Richtung Kopenhagen Flughafen und Malmö. In Kopenhagen nicht zum
Zentrum fahren, sondern den Hinweisschildern Richtung Malmö folgen. Die
Fahrzeit von Rødby zur Øresundbrücke beträgt etwa 1 Stunde und 20 Minuten. Die
Öresundbrücke wird ab einer Windgeschwindigkeit von 25 m/sek (90km/h) für
den Verkehr gesperrt.
Fähre: Helsingør - Helsingborg
Die Skipper aus dem dänischen Helsingør, dem
schwedischen Helsingborg, dem westlichen Kopenhagen und dem
gegenüberliegenden Malmö müssen die Augen offen halten, da die zahlreichen
Fährschiffe, die die Kurse kreuzen, oft rasche Manöver verlangen.
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