In Schweden ist es ein Leichtes, Informationen über die finanzielle Situation
seiner Mitmenschen einzuholen. Gleich mehrere Internetportale bieten
Online-Kreditauskünfte an, die jeder ohne größeren Aufwand abrufen kann. Das
Perfide dabei: Im Gegensatz zur offiziellen Kreditinformation bei seriösen
Instituten erfährt die betreffende Person nicht, dass Online-Auskünfte über sie
eingeholt wurden. Das Material für das unseriöse Geschäft beziehen die
Online-Auskunfteien aus den öffentlichen Angaben des Finanzamts. Für reichlich Trubel hatte vor ein paar Monaten das Online-Angebot des
Internetdienstleisters "ratsit" gesorgt. Dieser und mittlerweile einige andere
Anbieter geben an jeden Interessierten gebündelt Auskunft über die finanzielle
Situation eines jeden Bürgers. Buchstäblich per Mausklick kann ich somit das
Gehalt, den Steuersatz sowie eventuelle Schulden meines Nachbarn, meines Chefs
oder der Lehrerin meiner Kinder abfragen. Möglich ist diese Dienstleistung
aufgrund des in Schweden geltenden Öffentlichkeitsprinzips. Jede
Behördeninformation soll für jeden Bürger zugänglich sein. Doch Mats Sjöstrand, Generaldirektor der Finanzbehörde, geht die neue
Online-Praxis entschieden zu weit: "Wir kennen das Problem. Auch die Medien
haben schon darüber berichtet. Der Bürger weiß in der Regel nicht, wer da im
Einzelnen Informationen über ihn einholt. Es ist nicht in unserem Sinne, wenn
Personen ohne ihr Wissen auf ihre Kreditwürdigkeit hin überprüft werden.
Deswegen wollen wir, dass künftig bestimmte Garantien eingehalten werden – auch
wenn es weiterhin leicht ist, unsere Informationen im Internet abzurufen."
Von der Informationspflicht ausgenommen
Mit Garantien meint Sjöstrand die Informationspflicht. Wenn eine Behörde auf
Anfrage Informationen herausgibt, so ist sie gehalten, die betroffenen Personen
darüber in Kenntnis zu setzen. Beispiel: Eine Bank holt bei der Finanzbehörde
Informationen über die Kreditwürdigkeit eines Kunden ein. Dem Kunden wird
hinterher mitgeteilt, dass seine Daten von der Bank abgerufen wurden. Im Fall
der Online-Anbieter jedoch besteht diese Informationspflicht – jedenfalls
bislang – nicht. Diese Dienstleister gelten als Massenmedien und sind somit von
der Informationspflicht ausgenommen.
Das Ende der Online-Dienstleister?
Generaldirektor Mats Sjöstrand will das ändern: "Wir haben bereits mehrere
betreffende Unternehmen angeschrieben. Sie sollen dafür sorgen, dass überprüfte
Personen in Zukunft eine Kopie der Unterlagen erhalten, die über sie
herausgegeben wurden. Sollten sich die Unternehmen weigern, werden wir die
gewünschten Informationen nur noch in Briefform aushändigen und nicht mehr über
das Internet." Und das könnte wiederum das Ende der Online-Dienstleister bedeuten. Denn die
Finanzbehörde ist zwar verpflichtet, die gewünschten Angaben jedem zugänglich zu
machen, allerdings kann sie selbst entscheiden, ob sie dies elektronisch oder
per Brief tut. Ein Internetanbieter wird aber stets die elektronische Variante
vorziehen. Es ist daher anzunehmen, dass die Anbieter in den sauren Apfel beißen
und die betreffenden Bürger künftig über die ausgehändigten Daten und den
Auftraggeber informieren werden.
Mit freundlicher Genehmigung von: Alexander Schmidt-Hirschfelder
(Radio Schweden) 16.03.2007
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