Schweden hat 10,52 Millionen
Einwohner (Dez. 2022) und ist mit 25,5 Einwohner je Quadratkilometer, nach Dänemark,
der dichtest besiedelte skandinavische Staat. In Schweden werden jedes Jahr
etwa 110.000–120.000 Kinder geboren, davon etwas mehr als 3.000
Mehrlingsgeburten (hauptsächlich Zwillinge). 17,9 Prozent aller Geburten
erfolgten 2020 per Kaiserschnitt. Im Jahr 2020 betrug die Fertilitätsrate in
Schweden, also die durchschnittliche Anzahl der Kinder, die eine Frau während
ihres gebärfähigen Alters zur Welt bringt, bei rund 1,7 Kinder je Frau. Ein gut ausgebautes Sozialsystem und
erfolgreiche Frauen in
Politik und Wirtschaft sind die schwedischen
Errungenschaften, die durchaus Vorbildcharakter haben.
Die Zahl der Einwanderer hat in den letzten Jahren stark zugenommen. In Schweden kommt der Ehe keinerlei rechtliche Bedeutung für die kindliche Anspruchsberechtigung zu.
Der entscheidende Tatbestand ist die Elternschaft. Die beiden wichtigsten
Leistungen sind das relativ hohe Kindergeld und die Elternversicherung. Die
Elternversicherung ist der Versicherung für
Krankengeld nachgebildet und
sichert einen erheblichen Teil des Einkommens für den Elternteil, der sich –
entsprechend den gesetzlichen Beurlaubungsmöglichkeiten – zeitweise zur
Kinderbetreuung aus der Berufstätigkeit zurückzieht. Diese
Beurlaubungsmöglichkeiten wurden in den 1980er Jahren stark ausgebaut. Zu
den Familienleistungen gehören ferner einkommensabhängige Wohnungszulagen
und Studienbeihilfen und indirekt auch der starke Ausbau kollektiver
Betreuungsmöglichkeiten für Klein- und Vorschulkinder. Dadurch wurde die
Beteiligung der Frauen am Arbeitsmarkt durch die Entlastung der Mütter und
durch die Schaffung von Arbeitsplätzen gleich auf doppelte Weise erhöht. Der
erhebliche Ausbau der Leistungen für Familien und Kinder in den 1980er
Jahren, insbesondere die Verlängerung der Beurlaubungsmöglichkeiten, hat
sich auch in einem deutlichen Anstieg der Geburtenhäufigkeit
niedergeschlagen, die bald zur höchsten in Europa zählte. Der schwedische
Sozialstaat mit Vorbildcharakter ging allerdings unter den finanziellen
Lasten mittlerweile in die Knie. Der kühle Wind der Realitäten blies Staub
in das Getriebe der Sozialmaschinerie.
Bevölkerungsentwicklung in Schweden und Deutschland
Das Bevölkerungswachstum beruht ganz und gar auf der hohen ausländischen Zuwandererquote. Einwanderer haben
jahrhundertlang wichtige Impulse für die Entwicklung des Landes gegeben.
Deutsche Bergleute und Verwaltungsexperten wurden für den sich entwickelten
Bergbau und die Verwaltung in Schweden angestellt. Von den wallonischen
Schmieden lernten die Schweden die Grundlagen der Metallbearbeitung und von
französischen Höflingen neue Moden und Umgangsformen. Holländer entwickelten
den schwedischen Handel mit dem Ausland. Britische Ingenieure brachten ihr
Wissen mit, als die schwedische Industrialisierung in Gang kam. Ohne diese
ständige Zufuhr neuer Ideen, wäre der heutige Aufbau Schwedens nicht denkbar.
Ausschlaggebend war natürlich auch, dass die Schweden neuen Menschen, Gedanken,
Methoden und Sitten aufgeschlossen gegenüberstanden. Diese Offenheit hat zu
einer hohen Einwanderung geführt, die Schweden zu einer multikulturellen
Gesellschaft gemacht hat. Ein Fünftel der
Einwohner ist entweder in einem anderen Land geboren oder hat mindestens einen
im Ausland geborenen Elternteil. Im Jahr 2020 erhielten 80.175 Personen die
schwedische Staatsbürgerschaft. Das waren 15.969 Personen oder 25 Prozent mehr
als 2019 als 64.206 Menschen die schwedische Staatsbürgerschaft verliehen
wurde. Etwas mehr als die Hälfte 42.390 Personen der neuen schwedischen Bürger
waren Männer und 37.785 waren Frauen. Im Vergleich zu 2019 ist die Zahl der
Frauen stärker gestiegen als die der Männer. Insgesamt 24.472 Syrer
erhielten die schwedische Staatsbürgerschaft. Das waren 4.406 Menschen mehr als
2019. Seit Beginn des Krieges in Syrien im Jahr 2011 wanderten mehr als 160.000
syrische Bürger nach Schweden ein. Um die schwedische Staatsbürgerschaft zu
erhalten, müssen sie in der Regel mindestens vier Jahre in Schweden gelebt
haben, wenn sie als Flüchtling kommen. Gleichzeitig ging 2020 die Zahl der
Einwanderer nach Schweden um 29 Prozent zurück.
Schwedische Bevölkerungsentwicklung von 1749 bis heute
Die anhaltende Wohnungsnot in den schwedische Städten führt einer neuen Untersuchung zufolge
zu dem Rückgang der Geburtenziffer in Schweden. Die Untersuchung besagt, dass
rund 300.000 Schweden im Falle eines Wohnungsbesitzes den Wunsch nach Kindern
hätten. Neben den Schweden leben in den nördlichen Provinzen etwa 50.000 Finnen
mit schwedischer Staatsbürgerschaft und 15.000 Lappen. Hinzu kommen ca. 500.000
Ausländer, die meisten als Gastarbeiter. Über 85% der Bevölkerung wohnen im
südlichen Teil des Reiches. Fast 35% der Menschen leben in den Großstädten
Stockholm,
Göteborg und
Malmö. Rund 72% der
schwedischen Bürger gehören der evangelisch-lutheranischen
Kirche an. Mit schätzungsweise 4% gehören die Muslime
zur zweitgrößten Religionsgemeinschaft in Schweden
(Tendenz steigend). Nur etwa 1,5% der schwedischen Bewohner zählen zur katholischen
Kirche, die zum größten Teil aus eingewanderten Ausländern bestehen. Der Rest
gehört kleineren Religionsgemeinschaften an.
Jedes Kind erhält bei der
Geburt eine zehnstellige Personenkennzahl, wobei die ersten 6 Ziffern Geburtsjahr, -monat und -tag
und durch einen Bindestrich getrennt, die letzten 4 Unterscheidungszeichen für alle am gleichen Tag Geborene
angeben. Diese eindeutigen Personennummern wurden 1947 in Schweden eingeführt.
Bis 1990 konnte man anhand der ersten beiden Extraziffern sehen, in welchem län
eine Person geboren war. Bei weiblichen Personen war die vorletzte Ziffer gerade, bei
männlichen ungerade. Immigranten erhielten eine die Unterscheidungsziffern aus
der Serie 930 - 999. Seit 1990 wird der Geburtsort nicht mehr angegeben,
um Diskriminierung durch die Ziffern 93 bis 99 zu vermeiden. Stattdessen sind
die ersten 3 Stellen nach dem Bindestrich eine laufende Geburtsnummer, wobei
die letzte Ziffer der Geburtsnummer das Geschlecht enthält (männlich =
ungerade, weiblich = gerade). Der Bindestrich zwischen dem Geburtsjahr und den 4
Unterscheidungsziffern wird bei Personen, die über 100 Jahre alt sind, durch
ein Pluszeichen (+) ersetzt. Dieser Identitätscode begleitet die Schweden durch ihr
ganzes Leben. Wann immer man schriftlich mit öffentlichen Stellen, aber auch
manchen privaten Einrichtungen zu tun hat, wird nach der "Personnummer"
gefragt. Wann immer ein Schwede mit einer Behörde zu tun hat, ist das erste,
was er angeben muss, seine Personennummer. Die Personennummer ist die wahre
Identität eines schwedischen Bürgers. Mit dieser Kennzahl ist jeder Schwede auf Datenträgern der
Behörden,
Banken und Versicherungen gespeichert und jederzeit dem elektronischen Zugriff
ausgesetzt. Verwechselungen sind nicht mehr möglich. Beispiel: Einer am 13.
April 1954 geborenen Frau wird folgende Kennzahl zugeteilt:
5 4
|
0 4
|
1 3
|
-
|
3 4 6
|
3
|
Jahr
|
Monat
|
Tag
|
|
Geburtsnummer
gerade=Frau,
ungerade=Mann |
Kontrollziffer
|
Diese totale Erfassung seines Ego beunruhigt die Schweden nicht sonderlich, denn Argwohn und
Misstrauen gegen die Obrigkeit sind ihnen aus der Tradition fremd. Der Durchschnittsschwede ist eher zugeknöpft und schweigsam,
aber keineswegs ohne Humor oder Ironie und immer sehr höflich. Der Schwede
bedankt sich häufig ("danke" heißt "tack") und neigt zu ernster,
nüchterner Denkungsart mit leichter Tendenz zur Arroganz. Man begrüßt sich mit
dem Wort "Hej", was "Hallo" und ebenso "Guten Tag" bedeutet. "Hejsan"
ist eine persönlichere Variation. Die alte, eher förmlicheren Begrüßung "God
dag" hört man heute kaum noch. Beim Abschied sagt man "Hejdå" -
oder auch einfach nur "Hej". Häufig verschanzt
sich der Schwede
hinter Konventionen, Regeln und Vorschriften und ist peinlich bemüht, nicht
aufzufallen. Jemanden einfach direkt die Wahrheit ins Gesicht zu sagen, so wie
es in Deutschland üblich ist, das würden die Schweden nie machen. Die Schweden
sind weder direkt noch aggressiv, eher harmoniebedürftig. Die Gespräche
zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern im nordischen Nachbarland sind
wesentlich lockerer als in Deutschland. Ein schwedischer Chef sagt seinen
Mitarbeitern in der Regel nicht, dass sie etwas falsch gemacht haben, sondern
spricht das Thema eher indirekt an, indem er beispielsweise die Vor- und
Nachteile einer Methode mit ihnen erörtert. Deutsche Kollegen würden bei dieser
Vorgehensweise wahrscheinlich gar nicht bemerken, dass der Chef ihre Arbeit
kritisiert. In schwedischen Witzen wird oft gegen die norwegischen Nachbarn
gestichelt. Die Deutschen erleben die Schweden oft als Diskutierclub, die Schweden sehen
die Deutschen dagegen als diejenigen, die alles ganz schnell erledigt haben
wollen. Was das Business-Outfit betrifft, gilt ebenfalls die Devise:
Keinesfalls zu formell. Legere lockere Kleidung ist auch im Job bei der Bank
angebracht, Anzug und Weste eher nicht. Wer jedoch unwissentlich gegen die
blaugelbe Etikette verstößt, darf mit Toleranz rechnen. Dem Schweden ist die Freizeit heilig -
wenn er nicht arbeitet, widmet er sich unbekümmert den Annehmlichkeiten des
Lebens, ohne sich allzu viele Gedanken darüber zu machen, was andere wohl
denken. Außerhalb des Königreichs verfällt der daheim so zugeknöpfte Homo
suedicus in
die Geschwätzigkeit von den Südländern. Eine doppelte Seele wohnt also in seiner Brust. Die Bevölkerungsstatistik gehört zu den traditionsreichsten Arbeitsgebieten der
amtlichen Statistik. Seit langem finden in Schweden, wie in den meisten anderen
hoch entwickelten Ländern, in längerfristigen Abständen Volkszählungen statt.
Dadurch sind Vergleiche zum Teil über Jahrhunderte hinweg möglich. Auf den
Ergebnissen der Volkszählung aufbauend, führen die statistischen Ämter die
Fortschreibung der Bevölkerung durch. Dazu werden die Aufzeichnungen der
Standesämter über Geburten, Eheschließungen und Sterbefälle herangezogen. Über
die Wanderungsbewegungen geben die Unterlagen der Einwohnermeldeämter Auskunft. Hinter den bloßen Zahlen verbergen sich aber auch Werthaltungen und
Lebenseinstellungen, die ihrerseits wieder Rückwirkungen auf die
Bevölkerungsstruktur haben. So spiegelt sich z.B. in der Zahl der
Eheschließungen und Scheidungen, der Geburtenentwicklung und der Familiengröße
die Einstellungen der Gesellschaft zur Familie und zu Kindern wider. Der
Altersaufbau hat direkte Auswirkungen auf die Bildungs- und
Beschäftigungsmöglichkeiten der Bevölkerung und beeinflusst daher unmittelbar
ihre Lebensweise. Die dünne Besiedlung des Landes außerhalb der Städte hat den Sinn für die
Gastfreundschaft besonders geprägt und kaum irgendwo wird man so herzlich
aufgenommen, wie auf dem Land in Schweden. Die Abgeschiedenheit in dieser
Landschaft fördert den Sinn für Individualismus, der beim Schweden, wie bei
allen Skandinaviern, besonders ausgeprägt ist. Eigentumsdelikte sind fast ausschließlich auf die Städte
beschränkt. Auf dem Land schließt kaum jemand seine Wohnung oder sein Auto ab.
Wenn sich doch mal jemand dazu hinreißen lässt, seinen Mitmenschen zu
bestehlen, berichtet die Presse wochenlang über dieses anormale Verhalten. Ende der 60er Jahre kam es zur großen Du-Reform. Alle Schweden sollten sich von
einem Tag zum anderen duzen. Nach anfänglichen Schwierigkeiten, vor allem im
Umgang mit der älteren Generation, die es noch gewohnt war, sich mit Titel und
in der dritten Person anzureden, hat sich das Du inzwischen durchgesetzt. Alle
Schweden duzen sich mittlerweile, vom einfachen Arbeiter bis zum
Ministerpräsidenten. Eine Ausnahme bildet das Königspaar.
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