Das Automatic Identification System (AlS) ist ein UKW-Datenfunksystem zur
Unterstützung der Schiffssicherheit. AIS wurde durch die Zusammenarbeit
verschiedener internationaler Organisationen entwickelt, darunter die
Internationale Seeschifffahrtsorganisation (IMO), die Internationale
Fernmeldeunion (ITU), die Internationale Vereinigung der Seezeichen- und
Leuchtturmbehörden (IALA) und die Internationale Elektrotechnische Kommission
(IEC). Es wurde entwickelt, um eine automatische Meldung zwischen Schiffen und
Landstationen zu ermöglichen. AIS ist so konzipiert, dass die Schiffe
autonom, d.h. ohne Landstation, in einem dynamischen Netzwerk arbeiten können.
Das System unterstützt die bordseitige Navigation (Kollisionsverhütung),
Kommunikation (durch eindeutige Identifikation), landseitige Verkehrsüberwachung
und -lenkung sowie Sonderaufgaben wie z. B. die Seenotrettung. Die Reichweite
bei Schiff-zu-Schiff-Verbindungen beträgt rund 20 Seemeilen und bei
Schiff-zu-Küstenstationen je nach Antennenhöhe bis zu 50 Seemeilen. Für alle
Schiffe von 300 BRZ und mehr in der Auslandsfahrt, Frachtschiffe von 500 BRZ und
darüber, auch wenn sie nicht in der Auslandfahrt eingesetzt sind, sowie
Fahrgastschiffe unabhängig von ihrer Größe, besteht eine Ausrüstungspflicht nach
SOLAS V/19. Das AIS ist einer jährlichen Prüfung zu unterziehen. Eine Abschrift
des Prüfberichts ist an Bord mitzuführen. AIS tauscht automatisch
Bordinformationen von Schiffssensoren (dynamische Daten) sowie manuell
eingegebene statische und reisebezogene Daten zwischen einem Schiff und einem
anderen, sowie zwischen einem Schiff und einer oder mehreren Landstationen bzw.
VTS aus. Die aktuellen Fahrdaten können auf einem Kartenplotter angesehen
werden. Folgende Daten werden übertragen:
-
Identität des Schiffs (Name,
Rufzeichen, IMO-Nummer, Schiffstyp, ...),
-
Zielhafen, geschätzte Ankunftszeit, Kategorie der Ladung, ...),
-
seine exakte Position,
-
Kurs und Geschwindigkeit über Grund,
-
seine Vorausrichtung und Drehrate,
-
Fahrzustand (vor Anker, behindert, ...)
AIS soll stets in Betrieb sein, wenn das Schiff in Fahrt ist oder vor Anker
liegt. Vor dem Gebrauch eines AIS soll der Benutzer die Grundgedanken des
Systems verstehen und sich mit dem Betrieb der Ausrüstung vertraut machen,
insbesondere mit der richtigen Auslegung der angezeigten Daten. AIS Daten
können in bordeigene Navigationssysteme integriert werden (z. B. in Radar
oder ECDIS Anlagen). Der Benutzer ist verantwortlich für die vom eigenen
Schiff an andere Schiffe gelieferten Daten und soll:
-
die gesendeten dynamischen
Daten überwachen, hier insbesondere die Position (muss in WGS 84 sein) sowie
die Schiffsvorausrichtung (synchron mit Kreiselkompass),
-
die reisebezogenen Daten sorgfältig und korrekt eingeben wie Navigationsstatus,
Schiffstyp, Zielhafen (im UN/LOCODE), ETA,
-
überprüfen, ob die statischen Daten wie MMSI, Schiffsname, Rufzeichen,
Antennenposition während der Installation richtig eingegeben wurden,
-
das AIS bei Verdacht einer Fehlfunktion z. B. durch Aussenden einer
adressierten Meldung an ein anderes, entferntes Schiff testen (wird die
Absendung vom Gerät bestätigt, ist die Kommunikation in Ordnung).
AIS und Kollisionsverhütung
Bei der Nutzung von AIS im Verkehr von Schiff zu Schiff für Zwecke der
Kollisionsverhütung sind folgende Punkte zu beachten:
-
AIS ist nur eine zusätzliche
Quelle für Informationen für die Schiffsführung. Es ersetzt keine anderen
Navigationshilfsmittel, sondern unterstützt sie.
-
Die Benutzung von AIS entbindet den Schiffsführer nicht von seiner Verantwortung
für die jederzeitige Einhaltung der Kollisionsverhütungsregeln.
-
Man soll sich stets darüber im Klaren sein, dass andere Schiffe,
insbesondere Sportboote, Fischerboote und Kriegsschiffe, sowie manche
landseitigen Küstenverkehrszentralen möglicherweise nicht mit automatischen
Schiffsidentifizierungssystemen ausgerüstet sind.
-
Ein aufgrund einer verbindlichen Ausrüstungsvorschrift auf einem anderen Schiff
eingebautes automatisches Schiffsidentifizierungssystem kann unter Umständen
abgeschaltet werden, wenn der Kapitän glaubt, dass der kontinuierliche Betrieb
des AIS die Sicherheit seines Schiffs gefährden könnte, oder wenn
Sicherheitsvorfälle drohen. Ein Schiff muss die zuständige Behörde informieren,
wenn es sein AIS abschaltet, während es sich in einem meldepflichtigen Gebiet
befindet.
AIS hat gegenüber Radaranlagen die Fähigkeit
auch hinter eine Landzunge oder Inseln zu schauen, denn
die Signale werden nicht von anderen Hindernissen verdeckt, sodass ein umfangreicher Überblick entsteht.
Die UKW-Signale des AIS erreichen diese Schattenbereiche durch ihre größere
Wellenlänge deutlich besser. Einen noch besseren Überblick vom Schiffsverkehr und anderen Hindernissen
bekommt man, wenn AIS und Radar kombiniert werden.
AIS bei Suche und Rettung
Für die Suche und Rettung hat die IMO mit MSC. 256(84) den AIS-SART als
gleichwertig mit dem Radar SART akzeptiert. Wird im Seenotfall ein AIS-SART
aktiviert, so wird auf den angeschlossenen Displays auf der Seenotposition das
AIS-SART Symbol und die sicherheitsbezogene Nachricht mit dem Text "SART ACTIVE"
dargestellt.
AIS-Tonne
Mit Hilfe von einem Transceiver auf einer Tonne werden den Schiffen Hinweise und
Signale für die Navigation auf den internationalen Wasserstraßen zur Verfügung
gestellt. Damit wird die Sicherheit bei besonders schwierigen Passagen weiter
erhöht. Für die Markierung von Sperrgebieten können sogenannte virtuelle
AtoNs verwendet werden. Es muss dabei nur ein AIS-Sender auf einer Tonne
montiert sein, der dann die Positionen aller anderen Begrenzungstonnen des
Gebiets mitsendet. Es gibt auch integrierte AIS-Einheiten mit Geräten wie
Laternen, messtechnischen oder hydrologischen Sensoren. Über das AIS können von automatischen Messstationen
auf Seezeichen aktuelle Wetter-, Wasserstands- und Strömungsdaten verbreitet
oder Routenanweisungen an Schiffe geschickt werden. Mit Hilfe der AIS-Signale
kann auch die Position einer Fahrwassertonne permanent überwacht werden.
Satelliten-AIS
Satelliten-AIS kann die Abdeckung weltweit ausdehnen, einschließlich der Ozeane
und abgelegener Küstengebiete. Satelliten-AIS kann heute auf den vorhandenen
Frequenzen empfangen werden. Da diese Frequenzen jedoch von festen und mobilen
Stationen gemeinsam genutzt werden, wird die Fähigkeit dazu durch die sehr große
Reichweite des Satelliten und die Anzahl der Stationen (fest und mobil)
innerhalb der Reichweite beeinträchtigt.
Störungen
Wie alle elektronischen Geräte, insbesondere Funkgeräte, ist auch AIS anfällig
für Funkstörungen, insbesondere Mehrwegestörungen. Mehrwegestörungen treten auf,
wenn ein Funksignal von zwei oder mehr Pfaden empfangen wird (z. B. von einer
großen Metallstruktur in der Nähe reflektiert wird). Dies führt häufig zu
fehlerhaften Positionsberechnungen. AIS kann diese Fehler nicht korrigieren und
es entstehen daher Geisterziele. Solche Ziele können auch durch böswillige
Handlungen entstehen. AIS ist von Natur aus ein unsicheres, nicht proprietäres,
offenes Broadcasting, daher ist es nicht schwierig, irreführende oder falsche
Broadcasts (Spoofing) zu senden. AIS bietet eine Möglichkeit zur Überprüfung von
Zielen, indem jedes Ziel abgefragt werden kann, um einen neuen Bericht zu
erhalten, falls der Benutzer Spoofing vermutet. Diejenigen, die die falschen
Broadcasts senden, werden diese Abfragen wahrscheinlich nicht mit weiteren
Berichten beantworten, da dies letztendlich ihren Standort preisgeben könnte.
Bei AIS kann und sollte mit falschen AIS-Meldungen gerechnet werden. Gefälschte
Angriffe oder das Stören von VHF-Kanälen sind relativ einfach. Es gibt Geräte
zur Funkpeilung (Radio Direction Finding, RDF), die verwendet werden, um die
Störquelle zu identifizieren, z. B. um ein kontinuierlich sendendes VHF-Radio zu
orten. AIS ist ein unsicheres offenes Übertragungssystem, aber die Geräte
selbst haben kein gemeinsames Betriebssystem. Der interne Betrieb jedes AIS ist
proprietär und daher kein leichtes Opfer für Hackerangriffe.
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