"Moiré" heißt soviel wie Bildmusterung. Der Moiré-Effekt ist ein optischer
Effekt, der durch Überlagerung von regelmäßigen Rastern entsteht, das spezielle
Strukturen aufweist und bei Änderung des Blickwinkels das zunächst
gleichförmige Bild in eine pfeilartige Anzeige übergeht. Das optische Leitsystem,
die Moiré-Leitmarke, basiert auf der Moirétechnik, der Überlagerung zweier
Linienraster und deren Verschiebung zueinander. Diese scheinbare Verschiebung
wird durch die Veränderung der Beobachtungsperspektive bewirkt, aus der die Leitmarke
betrachtet wird.
Der Moiré-Effekt wird bei Küstenbaken genutzt, die
als Moiré-Leitmarken, Richtlinienanzeiger oder Moiré-Feuer bezeichnet werden und
von Inogon Licens AB, Schweden, hergestellt werden, um den sicheren Fahrweg für
Schiffe zu bestimmen, die zu Schleusen, Häfen usw. führen oder auf Ankergrenzen,
Sperrgebiete bzw. Unterwassergefahren (z. B. Rohrleitungen oder Kabel)
hinweisen. Der Moiré-Effekt erzeugt Pfeile, die auf eine imaginäre Linie zeigen,
die die Gefahr oder die Linie des sicheren Durchgangs markiert. Wenn
Schiffsführer über die Linie fahren, scheinen die Pfeile auf dem Leuchtfeuer als
vertikale Bänder zu werden, bevor sie zu Pfeilen zurückkehren, die in die
umgekehrte Richtung zeigen. Der Pfeil zeigt also an, dass das Schiff vom
direkten Kurs abgekommen ist und auf welche Seite hin zu korrigieren ist. Das
Moiré-Feuer kann von ankommenden Schiffen aus bis zu 35 Grad Entfernung vom
Zentrum verwendet werden.

Moiré-Leitmarke - Kurs Backbord |

Moiré-Leitmarke mittig |

Moiré-Leitmarke - Kurs Steuerbord |
Auf den oberen Bildern kann man gut erkennen, das ein Moiré-Feuer kein übliches
Leuchtfeuer mit einer Optik ist, sondern ein viereckiger Kasten, der permanent
ein meist gelbliches Licht ausstrahlt. Die Lichtstärke ist für Tag- und
Nachtbetrieb stufenlos regelbar. Man schaut praktisch auf eine
Mattscheibe, die mit senkrechten Rillen ausgestattet ist. Moiré-Leitmarken haben
keine beweglichen Teile oder elektronischen Komponenten und arbeiten
automatisch, ohne dass eine Bordausrüstung erforderlich ist. Sie wurden von
vielen europäischen Regulierungsbehörden, darunter der schwedischen
Schifffahrtsbehörde und dem deutschen Seezeichenversuchsfeld, für den Einsatz in
Häfen und Kanälen getestet und zugelassen. Solange sich das Schiff in der
Mitte des Fahrwassers befindet, sieht der Schiffsführer eine einzelne schwarze
vertikale Linie in der Mitte der Moiré-Leitmarke. Wenn das Schiff von der
Mittellinie abweicht, sieht der Seemann durch die Rillen ein Muster von Pfeilen,
die in die Richtung zeigen, die zur Korrektur der Position erforderlich ist. Bewegt man sich auf der rechten Seite der Leitlinie, dann zeigt
der Pfeil nach links, bewegt man sich auf der linken Seite der Leitlinie, zeigt
der Pfeil nach rechts. Die Dichte des Pfeilmusters gibt an, wie groß eine
Korrektur sein sollte. Leitmarken mit Moiré-Effekt können auch dazu verwendet werden, um
Schiffsführer zum
Mittelpunkt einer entgegenkommenden Brücke zu führen. Wenn die Leitmarke mit der
Mittellinie ausgerichtet ist, sind vertikale Linien sichtbar. Die US-Küstenwache
hat 1986 im New Yorker Hafen
mit Moiré-Leitmarken ein optisches Kurzstrecken-Leitsystem aufgebaut, das
Schiffe sicher und genau durch enge Kanäle leitet. An Flughäfen
wurden früher Moiré-Feuer eingesetzt, um den Piloten am Boden zu helfen, sich an die
Mittellinie der Rollwege zu halten. Das Moiré-Leitfeuer ist überall dort
vorteilhaft anwendbar, wo ein gewöhnliches Richtbakenpaar nicht verwendet werden
kann. Da Festfeuer in beleuchteten Häfen und Küstenabschnitten schwierig
auszumachen sind, wurden dort meistens blinkende oder blitzende Kennungen
verwendet oder aber Moiré-Feuer aufgestellt. Die maximale
Beobachtungsentfernung einer 2 x 2 m großen Moiré-Leitmarke beträgt rund 1200 m.
Die minimal erkennbare Abweichung von der Fahrwassermittelachse beträgt bis 0,1
Prozent der jeweiligen Entfernung des Beobachters.

Das Moiré-Leitfeuer ist im Dunklen gut erkennbar, am Tag oder bei diesigem
Wetter dagegen nur schlecht.
Diese Moiré-Leitmarken wurden Ende der 1980er Jahre in der DDR komplett selbst
entwickelt, weil der damalige Seehydrographische Dienst der DDR das
Original von 1983 der schwedischen Firma Inogon auf einem Prospekt gesehen hatte und das
Erscheinungsbild faszinierend fand. Schweden war aber für eine einfache
Bestellung aus der DDR natürlich nicht erreichbar. 1986 wurde an der Stralsunder
Nordmole versuchsweise ein Moiré-Feuer installiert. Trotz des guten
Grundprinzips haben sich die Moiré-Leitmarken in Deutschland nicht durchgesetzt,
weil die Erkennbarkeitsentfernung für Küstenverhaltnisse zu gering war und weil
die Erkennbarkeit am Tag oder bei diesigem Wetter sehr viel Licht und damit
Energie erforderte.
Bildquelle: Archiv WSA Stralsund
|