Der Turm im Gatt
stellt nach Einschätzung der Oldenburger und Wilhelmshavener
Wissenschaftler weltweit eine einmalige Forschungseinrichtung dar.
Denn in den Schiebern im Wasser können die Bewegungen von Sand und
Schlick selbst bei stärksten Stürmen und höchstem Seegang erfasst
werden, also gerade dann, wenn es für die Sedimente besonders
interessant ist. Gerade bei extremen Wetterlagen entscheidet sich, ob
das Watt als Spätfolge des Deichbaus im Mittelalter weiterhin
Schlick verliert und sich dadurch die Lebensverhältnisse der im Watt
lebenden Organismen verändern.
Die Größe und Menge der im Wasser treibenden Partikel werden mittels
Schallmessgeräten am Messpfahl erfasst und alle zehn Minuten per
Funk an die Messstation an der Hermann Lietz-Schule übertragen.
Etwa zwei Mal im Monat muss der Messturm gewartet werden. Vor allem ist die
Reinigung der Durchflussröhren von Algen, Muscheln und Seesternen nötig. Die
Mitarbeiter fahren zu diesem Zweck von Neuharlingersiel aus mit dem Boot rüber. 500.000 Euro hat der Messturm vor Spiekeroog
gekostet. Finanziert wurde das Projekt von der deutschen
Forschungsgesellschaft (DFG). Nach über zwei Jahren liegen Oldenburg
und Wilhelmshaven längst die ersten Auswertungen vor. Und eine
Vermutung der Fachleute scheint sich zu bestätigen: Das Watt
verliert feinkörnige Sedimente an die Nordsee. Im Mittel werden bei
Ebbe mehr Ablagerungen durchs "Tor zur Nordsee" herausgespült als
bei Flut wieder hineinkommen. Dieses Phänomen verstärkt sich bei
schwerem Seegang. Die Folge ist eine Versandung des Watts. Das hat
natürlich Auswirkungen auf die Wattbewohner. Gefährdet wäre dann
besonders der Lebensraum von Muscheln und Würmern. Ein Alarmzeichen
ersten Ranges, denn wie die Referenten auf Spiekeroog schon seit
Jahrzehnten berichten, sind diese Lebewesen für die Reinigung des
Ökosystems verantwortlich. Außerdem sind sie ein entscheidendes
Glied in der Nahrungskette. Nicht zuletzt würden sich die Inseln als
Folge des unausgeglichenen Sedimentenaustausches bei Ebbe und Flut
sich in Richtung Süden verlagern. |