Die Region Westpommern wurde 1720, nach dem Ende des Großen Nordischen Krieges,
Teil Preußens und damit Teil des Deutschen Reiches, als es 1871 gegründet wurde.
Infolgedessen wurden fast alle Leuchttürme in der Region unter deutscher
Verwaltung gebaut. Bis vor dem Zweiten Weltkrieg war Stettin Deutschlands
drittgrößter Hafen. Heute ist Stettin Polens größter Hafen. Der große Leuchtturm von Swinemünde wurde
nach Plänen des Berliner Oberbaurats Wilhelm Serverin von 1854 bis
1858 an der Ostseite der Swine im Osternothafen aus gelben Keramikziegeln
gemauert. Um den achteckigen Leuchtturm hat man ein zweieinhalb
geschossiges Leuchtturmwärterhaus aus Backsteinen errichtet. In der Laterne ist eine Gürtellinse
mit einem Durchmesser von 1,50 m und einer Höhe von 2,90 m verbaut. Als
Lichtquelle dienten zunächst mehrere Argand-Lampen, die mit Rapsöl betrieben
wurden. Schon nach wenigen Jahrzehnten zeigte sich, dass die achteckige
Turmform und die für die Außenhaut verwendeten Keramikziegeln dem rauen
Seewetter nicht standhielten. Deshalb trug man in den Jahren 1902 und 1903 die
verwitterte Außenhülle ab und ummantelte den Turm mit hart gebrannten
Verblendsteinen aus Schweden.
Abgesehen von dem unteren Turmteil, den man erheblich verstärkte, erhielt die
Ummantelung des bis dahin achteckigen Turms einen kreisrunden Querschnitt mit
einem mittleren Durchmesser von 7 Meter.
Bei dem Turmumbau erhielt das Leuchtfeuer eine Umlaufblende und somit eine
Kennung. Die Umlaufblende wurde durch ein Gewicht angetrieben, das in der
Turmmitte an einem Seil herabsank und täglich mit einer Handkurbel hochgezogen
werden musste. In den 1920er Jahren wurde der Leuchtturm Swinemünde elektrifiziert und
das Leuchtfeuer mit einer 4200-W-Glühlampe betrieben. Gleichzeitig wurde das
Blendenkarussell auf elektrischen Antrieb umgestellt. Aufgrund der
schwierigen Navigationsbedingungen an der Odermündung südlich von Świnoujście
strahlt der Leuchtturm neben weißem Licht auch rotes Licht aus, das den
ausgehenden Schiffen nach Südwesten über der Świna gezeigt wird.
Bildquelle: Architekturmuseum Berlin, BZ-I_16_075
Bei einem Luftangriff am 12. März 1945 durch die amerikanische Luftflotte auf
Swinemünde wurde das Turmmauerwerk durch in der Nähe einschlagende Bomben
beschädigt. 1945 befahlen die zurückziehenden deutschen Soldaten die Zerstörung des
Leuchtturms, aber der deutsche Leuchtturmwärter brachte es nicht übers Herz, die
angebrachte Sprengladung zu zünden, so dass der Turm den Zweiten Weltkrieg nur
leicht beschädigt überlebte. Obwohl der Leuchtturm Świnoujście nach dem Krieg
wieder in Betrieb ging, wurden die Bombenschäden jedoch erst 1959
repariert. In den Jahren 1998-2000 wurde der Leuchtturm als Millennium-Projekt
vollständig restauriert und zusammen mit einem Leuchtturmmuseum im Haus des
ehemaligen Leuchtturmwärters der Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Eine
Wendeltreppe mit 308 Stufen führt auf die Aussichtsplattform des höchsten
polnischen Leuchtturms. Im Museum kann man unter anderem eine alte 4200 Watt
Glühlampe bestaunen. Seit Oktober 2015 wird eine 1000-Watt
Halogen-Metalldampflampe mit 230 Volt Nennspannung als Lichtquelle eingesetzt.
Da der Leuchtturm für den Seeverkehr von großer Bedeutung ist, wurde 1958 ein
Funkfeuer mit dem Morsecode S (• • •) installiert. Es sendete bei Nebel und
unsichtigem Wetter und außerdem täglich zu bestimmten Zeiten zu Testzwecken
Funknebelsignale aus. Mit Hilfe eines Bordfunkpeilers war es den Schiffen
möglich, das Funkfeuer bis auf Bruchteile eines Grades genau einzupeilen und so
nach Einpeilung eines zweiten oder dritten Senders seinen Schiffsort zu
bestimmen. Das Funkfeuer wurde 1999 abgeschaltet, war aber noch bis 2013 funktionstüchtig. Ebenfalls 1958 wurde auf der
Ostmole von Świnoujście ein Nebelschallsender eingerichtet, der mit dem Funkfeuer synchronisiert
war. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs erstreckt sich die
polnische Küste von Świnoujście im Westen bis zum Golf von
Danzig im Osten. An der polnischen
Ostseeküste befinden sich 26 aktive Leuchttürme, die vom Maritime
Office in Szczecin (Urząd Morski w Szczecinie) verwaltet werden.
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