Die Seehundaufzuchtstation in Norddeich ist eine leistungsfähige anerkannte
Betreuungsstation für Meeressäugetiere. Jedes Jahr werden hier mehrere Dutzend
verwaiste Seehunde und Kegelrobben aufgezogen und danach in das Niedersächsische
Wattenmeer zurück gebracht.
In mehreren naturnah gestalteten Bassins werden die jungen Seehunde groß
gezogen. In der ersten Zeit werden sie durch Schlauchen ernährt. Dabei wird eine
Schlauchsonde bis kurz vor den Magen geführt und ein Brei aus abgekochtem
Wasser, Muttermilchersatz, Vitaminen und zerkleinerten Heringen den Tieren
zugeführt. Die Heringe sind sehr wichtig, damit sich die Magensäure entwickeln
kann. Nach zwei Wochen Stopffütterung mit toten Heringen werden die toten Fische
ins Wasser geschmissen und die Jungen Robben fressen von ganz allein. Die
Seehunde schlucken die Heringe ganz herunter. Sie werden im Magen von der
Magensäure zersetzt.
Besucher können die Seehunde durch eine verspiegelte Glasscheibe auf den
Liegeflächen, im und unter Wasser, sowie bei der Fütterung beobachten. Die
verspiegelten Scheiben sind notwendig, damit sich die Jungtiere nicht an
Menschen gewöhnen.
Der Körper des Seehundes ist stromlinienförmig, Arme und Beine sind zu Flossen
umgestaltet. Ideal für ein Leben im Wasser. Dank seiner Anpassungen bewegt sich
der Seehund schnell und wendig durch das Wasser. Die Schläge der Hinterflossen
bringen ihn in Fahrt. Die Vorderflossen bestimmen die Richtung. Durch seitliches
Schlängeln des Hinterleibs unterstützt er die Flossenschläge. Auf diese Weise
erreicht der schnelle Schwimmer an der Wasseroberfläche Geschwindigkeiten von 35
Kilometer in der Stunde. Ein schwimmender Mensch schafft über kurze Strecken
gerade mal 8 Kilometer in der Stunde. Im Schnitt legen die Seehunde etwa 10
Kilometer pro Stunde zurück.
An Land dagegen ist das Fortkommen mühsam. Die Hinterflossen lassen sich nicht
unter den Körper stemmen und die Vorderflossen sind zu kurz, um den Körper
anzuheben. Stattdessen geht es auf dem Bauch vorwärts: Hinterleib anziehen,
Buckel machen und Vorderleib vorschieben. So robbt der Seehund durch den Sand.
Diese Art der Fortbewegung hat den Robben, zu denen auch der Seehund gehört,
ihren Namen gegeben. Längere Strecken legt der Seehund allerdings ungern zurück.
Deshalb hält er sich gerne dort auf, wo er sich bei Gefahr schnell in tieferes
Wasser flüchten kann.
Nach sechs bis acht Wochen wiegen die jungen Seehunde 25-30 kg und werden auf
eine Sandbank zum Auswildern gebracht. Dann geht es für die Tiere mit
Fahrgastschiffen verschiedener Reedereien zurück in das natürliche Leben wo sie
von nun an alleine zurechtkommen. Die Tiere werden vorher noch am rechten
Hinterflipper markiert.
Zwei Tierpfleger und vier Zivildienstleistende versorgen die Seehunde in der
Station. Die Arbeit wird von 50 ehrenamtlichen Wattenjagdaufsehern unterstützt.
Ein Besuch in der Seehundstation ist ein lohnendes Erlebnis für die ganze
Familie. In der Ausstellung wird mit Bildern, Multimedia und gut verständlichen
Infotafeln das Leben der Seehunde sowie ihr natürlicher Lebensraum, das
Wattenmeer, vorgestellt. |