Leuchtturm Roter Sand

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Typ: See-, Leit- und Quermarkenfeuer Leuchtturm Roter Sand
ARLHS: FED 019
Position: 53°51'11" N - 08°04'56" E
Kennung: F WRG
Sektoren: W 167,5°-185°, R -225°, W -254,5°
R -293,5°, W -312°, R -324°,
W -328° (Leitsektor), G -341°,
Lichtschwach: 341°-167,5°
Optik: Gürtellinse
Bauwerkshöhe: 28 m
Feuerhöhe: 23 m
Tragweite: Weiß 9 sm, Rot 7 sm, Grün 6 sm
Nebelschallglocke: Drei aufeinander folgende Schläge in ca. 40 Sekunden Abstand
Betriebszeit: 01.11.1885 – 1964 (11.11.1986)
Fotos: Juni 2015
Der Leuchtturm Roter Sand wurde in der Außenweser, ca 10 km nordöstlich der Insel Wangerooge, in ca. 8 m Meerestiefe errichtet. Er ist der erste Offshore-Leuchtturm der Welt und gilt als technische Meisterleistung. Diese Pionierarbeit brachte den Häfen Bremen und Bremerhaven großen Aufschwung. Der Leuchtturm Roter Sand sollte der aufstrebenden deutschen Kriegs- und Handelmarine sicher den Weg durch die Außenweser weisen und wurde zum Wahrzeichen der modernen Schifffahrt in der Kaiserzeit.

Senkkasten Roter Sand
Ausfahrt des Senkbrunnens für das Leuchtfeuer Roter Sand im Mai 1883.  Quelle: Archiv WSA Ostsee

Das zylinderförmige Caisson, dass ca. 15 m in den Meeresboden gespült und mit Beton gefüllt wurde, ragt bei Niedrigwasser zirka 1,5 Meter aus Wasseroberfläche hinaus. Darüber verjüngt sich der aus Gussplatten hergestellte Turm nach oben hin konisch.
Der rot-weiße Anstrich, der über einem etwa acht Meter hohen schwarzen Sockelbereich ansetzt, markiert mit den einzelnen Farbabschnitten gleichzeitig die fünf Stockwerke. Die Farben Schwarz, Weiß und Rot waren die Nationalfarben des Deutschen Kaiserreichs ab 1871. Am unteren Ende des untersten weißen Ringes befindet sich die Einstiegstür. Über eine Seilwinde wurden lange Zeit Material und Lebensmittel in einem Korb zur Eingangstür hochgezogen.
Im Kellergeschoss, dass über der Hochwassermarke liegt, lagerten früher Vorräte, Petroleum und Rettungsmittel. Hier befindet sich auch ein Pegelschreiber, der in einem Peilrohr den Wasserstand aufzeichnete. Darüber der Schlafraum mit neun schlichten Kojen. In der dritten Etage befindet sich die Küche und darüber der Dienstraum, der immer besetzt sein musste.
Die dreieckige Kuppel erinnnert an ein Schloss. In den drei Erkern waren die Nebenfeuer untergebracht, die als Markierungsfeuer für Kursänderungen dienten. Sie zeigten nach Nordwesten, Süden und Nordosten. Alle Optiken wurden von der Firma Gebr. Picht aus spezellem Kronglas hergestellt.
Aus dem Dienstraum erreicht man über eine Treppe den Balkon, der um das Laternenhaus mit der kupfernen Kuppel herumläuft. Die Räume auf dem Leuchtturm wurden nicht beheizt, auch die Schlafräume nicht. Die Küche war der eigentliche Aufenthaltsraum der Leuchtturmwärter.
Am 1. November 1885 wurde das Feuer gezündet und zeigte den Schiffen den Weg in die Wesermündung.
Zwei Mann wechselten sich Tag und Nacht im Wachdienst ab, kümmerten sich um das Leuchtfeuer und meldeten ein- und auslaufende Schiffe per Morsetelegrafen nach Bremerhaven. Der dritte Mann hatte Küchendienst. Über alle Vorkommnisse wurde Buch geführt. Der Dienst dauerte mehrere Wochen, manchmal sogar Monate, wenn in den Winterstürmen das Versorgungsschiff nicht anlegen konnte.

Zuerst wurde das Leuchtfeuer mit einem Petroleumbrenner erzeugt. Die Kennung wurde durch Otterblenden erzeugt, die über ein Uhrwerk geöffnet und geschlossen wurden. Das Uhrwerk wurde mit Gewichten betrieben, die an Ketten durch den Turmschaft führten. Bereits ein Jahr nach Zündung des Leuchtfeuers versuchte man mit einer 120° Wechselstrom-Bogenlampe das Feuer zu elektrifizieren. Der Strom kam von der etwa 10 Kilometer entfernten Insel Wangerooge. 1896 wurde von dort ein Seekabel zum Leuchtturm verlegt. Doch es gab häufig Kabelbrüche, die Verbindung war nicht stabil. Nach acht Jahren hat man das Kabel aufgegeben und das Feuer mit Gas betrieben. Erst nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Leuchtfeuer Roter Sand mit einem Dieselaggregat wieder elektrifiziert. Es versorgte den gesamten Turm mit Strom.
Während des Zweiten Weltkrieges richtete die deutsche Wehrmacht auf dem Leuchtturm Roter Sand einen Flugmelddienst ein, um frühzeitig feindliche Flugzeugbewegungen Richtung Deutsches Reich zu erkennen. Der Turm wurde von den Alliierten aber nie beschossen, weil er für sie als wichtiger Orientierungspunkt nützlich war.

Leuchtturm Roter Sand

Der Leuchtturm hat seinen Namen von der Sandbank Rotesand, später dann Roter Sand. Diese Sandbank bestand aus rotem Muschelkalk. Wie alle Sandbänke in der Nordsee wandert auch der Rote Sand durch die Flutwellen über einen längeren Zeitraum von Westen nach Osten. So stand der Leuchtturm nach rund 80 Jahren drei Seemeilen von der Sandbank Roter Sand entfernt.
Wegen Änderungen im Fahrwasserverlauf wurde das Hauptfeuer 1964 gelöscht und die Leuchtturmwärter abgezogen. Die Funktionen des Leuchtturms Roter Sand übernahm der moderne Leuchtturm Alte Weser. Das Nebenfeuer im Erker, dass seitlich die Fahrrinne "Alte Weser" markierte, brannte noch bis 1986 mit einem automatischen Propangasfeuer.
Die Nebelschallglocke des Leuchtturms Rotersand hatte eine selbsttätige Glocke mit je drei aufeinander folgenden Schlägen in ca. 40 Sekunden Zeitintervallen.
Über Gewichte, die von einer Seiltrommel aufgezogen werden, wird ein Perpendikel in Bewegung gesetzt. Die Schaltuhr läuft an und hebt über Nockenscheiben eine Einschaltstange die den Glockenhammer herunterfallen lässt. Anschließend hebt der Hammer von der Glocke wieder ab. Nach drei Schlägen fällt eine seitlich an einer Rollenbahn angebrachte Ausschaltstange in eine Ausnehmung der Rollenbahn und blockiert mit einem Sperrfinger den Drehweg, wodurch der Kennungsgeber abgestellt wird. Für weitere Intervalle wiederholen sich die Schaltvorgänge.
Die Gewichte wurden in Turmschächten unterhalb der Aggregate geführt. Alle zwei Stunden mussten sie durch die Leuchtturmwärter aufgezogen werden.
Die Nebelschallglocke ist im Deutschen Schifffahrtsmuseum in Bremerhaven ausgestellt.
Nebelglocke

Majestätisch steht der Leuchtturm Roter Sand mitten im Meer, auf halbem Weg zwischen Bremerhaven und Helgoland. Viele Auswanderer haben als letztes Stück ihrer alten Heimat diesen Turm gesehen. Symbol für Abschied und Einkehr - der letzter Gruß der alten Welt.
Im Deutschen Schifffahrtsmuseum Bremerhaven wurde 1983 ein gemeinnütziger Verein gegründet, der sich auf die Fahne schreibt, den Roten Sand zu retten. Schnell hatte der Förderverein "Rettet den Leuchtturm Roter Sand" in Bremerhaven 1200 Mitglieder. Es war eine Bürgerinitiative mit der Unterstützung der Städte Bremerhaven und Bremen und der Denkmalpfleger. Ohne die Bürgerinitiative würde der Leuchtturm Roter Sand an seinem originalen Standort heute nicht mehr stehen.
Um 1985 war der Stahlmantel des Sockels durch Wellenschlag und Tidenhub so weit durchgerostet, dass der Turm umzustürzen drohte. Nur ein neuer Stahlmantel konnte dem Fundament seine alte Standfestigkeit zurückgeben. Roter SandAm 1. Oktober 1987 wurde die neue 110 Tonnen schwere Stahlmanschette vom Schwimmkran "Enak" zum Leuchtturm transportiert und in Millimeterarbeit bei ganz ruhiger See übergestülpt. Als der Mantel seine richtige Lage erreicht hatte, füllte man den engen Zwischenraum bis zum Sockel mit Beton auf.
Der Leuchtturm Rote Sand ist ein maritimes Denkmal von internationalem Rang und war von Anfang an ein beliebtes Fotomotiv. Er ist der meistgemalteste Leuchtturm der Welt und zierte die Werbeplakate des Norddeutsche Lloyd. Sogar die Porzellanteller und Speisekarten auf den Schiffen der Norddeutsche Lloyd waren mit dem Leuchtturmwappen versehen. Sein Motiv ist auf unzähligen Gemälden, Postkarten und Andenken zu finden und soll das meisttätowierte Seezeichen auf den Armen der Matrosen sein. Deutschlandweit bekannt wurde der Leuchtturm Roter Sand auch als Motiv auf einer 55-Cent-Briefmarke, die am 8. Juli 2004 von der Deutschen Post ausgegeben wurde.
Früher konnte man von Bremerhaven aus mit dem Schlepper "Goliath" den Leuchtturm besuchen, ihn besichtigen und sogar darauf übernachten. Trotz des hohen Preises waren die Ausflugsfahrten immer sehr schnell ausverkauft. Im Jahr 2011 mussten diese Fahrten eingestellt werden, da der 70 Jahre alte Schlepper nicht mehr verkehrssicher war. Billiger kommt man mit der "Wega II" ab Fedderwardersiel zum Roten Sand, allerdings ohne Besichtigung des Innenlebens.
Der ansteigende Meeresspiegel, stärkere Sturmfluten mit Extremwellen und Korrosionsschäden machen dem alten Leuchtturm in der Außenweser sehr zu schaffen. Da der Leuchtturm mittlerweile marode ist und die Standsicherheit auf Dauer nicht gewährleistet werden kann, soll er abgebaut und in Küstennähe oder an Land wieder aufgestellt werden. Aber auch eine Translozierung auf die neue Nordmole in Bremerhaven steht zur Disposition. Der Umzug wird mehrere Millionen Euro kosten.

 

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