Das Ren oder Rentier (rangifer tarandus), das Wahrzeichen von Lappland,
ist die einzigste Hirschart, wo auch die Weibchen Geweihe tragen. Die
Geweihe sind unregelmäßig und asymmetrisch und bei keinen zwei Tieren
identisch. Das Geweih des Männchens hat eine Länge von 50 bis 120
Zentimeter - das des Weibchens ist mit 20 bis 50cm deutlich kleiner. Das
Geweih des Männchens wird im Herbst abgestoßen,
das des Weibchens im Frühjahr. Manchmal stoßen sich die Tiere ihre
Geweihhälften nicht gleichzeitig ab, sodass sie vorübergehend
nur eine
Geweihhälfte haben. Das Ren ist auch die einzige Hirschart, bei der sich
die Zahl der Enden während des Geweihwachstums vermehrt. Das
skandinavische Ren erreicht eine Widerristhöhe von 110 cm und ein
Gewicht von 150 kg. Das sehr dichte Fell ist am Hals zu einer Mähne
verlängert. Während der Eiszeit lebte das Ren noch in weiten Teilen
Europas. Das ursprünglich gejagte Wildtier wurde später gezähmt und in
den Hausstand übernommen.
In Lappland leben heute 2 wilde Unterarten des Rens:
· Fjällren (Rangifer tarandus tarandus)
· Waldren (Rangifer tarandus fennicus)
Das Fjällren ist das eigentliche Wildren und lebt in den
Hochgebirgsregionen Lapplands. Das wilde Waldren ist in Schweden
ausgerottet, aber es gibt noch einen kleinen Bestand in Finnland im
Grenzgebiet zu Russland. Es hat längere Beine als das Fjällren und kann
sich deshalb leichter im Tiefschnee bewegen und seinen Hauptfeinden, den
Wölfen, davonlaufen. Rene haben ganz eigenartig spreizbare
Fußgelenke und große, ausladende Hufe. Die breite Trittfläche erschwert
das Einsinken im sumpfigen Frostboden und ermöglicht ihnen, auf
schneebedeckten Flächen zu laufen. Sie können kurzfristig ein
stattliches Tempo erreichen. Die Rene leiden manchmal unter
Parasiten, wie den Dasselfliegenlarven, die unter ihrer Rückenhaut
sitzen und die Decke der Rentierhaut durchlöchern. Wenn die
Mückenplage zu schlimm wird, gehen die Tiere höher hinauf ins
Gebirge. Rentiere sind gute Schwimmer und überwinden Flüsse und
Meerarme. Rentiere haben eine besondere Art, sich im Sommer zu
erfrischen. Um ihren Körper kühl zu halten, hecheln Rentiere wie
Hunde. Auf der Zunge verdunstet dann das Wasser, was ihrem Blut die
Wärme entzieht. In Schweden gibt es ca. 220.000 der insgesamt 750.000
skandinavischen Rentiere. Sie leben von pflanzlicher Nahrung, (Gräsern,
Blättern, Moosen und Rentierflechten), die sie mit ihrem Geweih und den
Vorderhufen vom Schnee befreien. Rentiere sind nicht nur kräftige,
schnelle und ausdauernde Tiere – sie werden auch wegen ihrer Milch,
ihres Fleisches und Felles gehalten. Das Ren muss wandern, weil es in
den einzelnen Jahreszeiten sein Futter an verschiedenen Stellen findet:
im Sommer auf den Grasweiden der Hochgebirge, im Frühjahr und Herbst in
der subalpinen Region der Vorgebirge und der Birkenwälder, im Winter
schließlich in der Nadelwaldregion, wo unter der Schneedecke die
Flechten zu finden sind. Die Vorderhufe sind größer als die Hufe
ihrer Hinterbeine. Wie mit Schaufeln lässt sich damit graben. Dichtes
Fell schützt sie selbst zwischen den Klauen vor der eisigen Kälte. Wenn
Regen auf den gefrorenen Boden fällt, ist die Nahrung der Rentiere
unerreichbar und sie suchen nach Flechten, die auf Steinen oder als
zottelige Bärte an Bäumen wachsen. Flechten schmecken ähnlich wie Pilze.
Sie sind ein Kraftfutter, die den Tieren Reserven für den Winter
verschaffen, ohne die sie nicht überleben würden.
Brunftige Renhirsche geben grunzende Laute von sich, wobei sie zur
Lautverstärkung einen faustgroßen Kehlsack aufblasen. Zur Paarungszeit
versammeln sich etwa 10-12 Renkühe um einen Hirsch. Dieser treibt die
Kühe mit Ausdauer und paart sich mit so vielen Weibchen wie möglich. Die
Paarung findet im Oktober statt, die Geburt im Mai oder Juni. Nach einer
Tragzeit von 7-8 Monaten setzt die Rentierkuh ein Kalb. Rentierkälber
sind Einzelkinder, denn die Kraft der Mutter reicht nicht aus, um zwei
Junge zu säugen. Nur eine Stunde alt, lernen sie auf eignen Füßen zu
stehen und ihren Müttern zu folgen. Die Bindung zwischen Mutter und Kind
ist extrem eng. Mit einem Jahr sind Rentiere fortpflanzungsfähig. Die
Rentierzucht ist das wirtschaftliche Rückrat der samischen Kultur und
ist nur durch die weiten Gebiete der Nordkalotte möglich, weil das
Rentier nicht phlegmatisch auf einer Stelle weidet. Es ist immer
unterwegs und zupft hier und da etwas aus dem Boden. Auf einer engen
Weide würde es beim Suchen der Nahrung für heute die Nahrung von morgen
mit den Hufen zerstören. Ein ausgewachsenes Tier benötigt ca. 8 kg
Futter (Trockengewicht) am Tag. Ab Mai gibt der Frost den Boden frei
und die Pflanzen beeilen sich auszutreiben. Jetzt beginnt die Wanderung
von der Winterweide im Osten zu den Kalbungs- und Sommerweiden im
Westen. Die
Samen folgen ihnen auf Motorschlitten und sorgen dafür, dass sie auf
dem langen Weg genug Nahrung bekommen. Die Rentiere wandern frei in der
Wildnis umher. Jedes Jahr im September werden die Tiere
zusammengetrieben und in Scheidegehege, nach Familien getrennt.
Gleichzeitig werden die Jungtiere markiert. Hierzu werden die Kälber mit
dem Lasso eingefangen und mit dem Messer eine Kerbe in die Ränder der
Ohren geschnitten. Diese Muster vererben sich von Vater auf den Sohn und
in ihren Variationen wie ein Stammbaum der verschiedenen Sippen.
Gleichzeitig werden ein Drittel der Tiere geschlachtet und das
Fleisch verkauft. Dazu werden die ausgesuchten Tiere mit dem Lasso
gefangen, am Geweih zu Boden gedrückt und mit einem Messerstich ins
Genick getötet. Nach dem tödlichen Stich lässt man das Ren einige
Minuten liegen, damit seine Seele auf dem Weg nach Sájvva, dem Paradies
der Samen, nicht verschreckt wird. Da das
Fleisch aus der Freilandhaltung stammt, wird ein recht hoher Preis
erzielt. Von der Größe der Winterweide hängt es ab, wie viele Tiere
das Lappendorf halten kann. Wie viele Rentiere ein Same besitzt, darf
man ihn nicht fragen. Man bekäme ebenso wenig eine Antwort, wie
wenn man uns nach dem Kontostand fragen würde. Als Autofahrer muss
man in Nordskandinavien aufpassen, dass man kein Rentier überfährt, denn
die laufen oft über Kilometer die Landstraße entlang und kennen dabei keinerlei
Verkehrsregeln. Wo sie auftauchen, beanspruchen sie Vorfahrt!
Rentiere haben in Schweden immer Vorfahrt!
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