In den 50er und 60er Jahren erlebte Schweden eine glanzvolle Epoche. Das
Sozialprodukt erzielte Zuwachsraten wie nie zuvor. Der Außenhandel
expandierte. Zusammen mit den Niederlanden und Deutschland lag Schweden während
der 50er Jahre weit am Ende der internationalen Skala der Streikhäufigkeit. In den 60er Jahren strömten 170.000 Menschen aus ganz
Europa nach Schweden, um sich hier niederzulassen. Ohne diese
Einwanderer und den Reichtum an natürlichen Ressourcen wären diese
wirtschaftlichen Rekorde jener Zeit nicht möglich gewesen. Heute liegt
das Bruttosozialprodukt pro Kopf im EU-Vergleich immer noch in der
Spitzengruppe. Wegen des begrenzten Binnenmarktes ist die Wirtschaft stark exportabhängig.
Aus Tradition hat man eine Freihandelspolitik betrieben und setzt sich für
die Stärkung der Welthandelsorganisation ein. Ausgeführt werden Maschinen,
Papier, Pappe, Zellstoff, Holz, Kfz, Eisen und Stahl. Die wichtigsten
Exportländer sind Deutschland, Norwegen und Finnlandliegen in der EU. Mit Schwedens Wasserkraft wird etwa die Hälfte des Strombedarfs gedeckt.
Übertroffen wird diese Wasserkraftquote nur noch von Österreich mit rund 70%
und Norwegen mit über 90%. In Deutschland werden rund 5 Prozent des Stroms
aus Wasserkraft erzeugt. Die relativ preiswerte und erneuerbare
Energiequelle 'Wasserkraft’ richtet selbst keine Umweltschäden an. Die zu
ihrer Erzeugung errichteten Staudämme werfen allerdings für die
Umwelt eine
Reihe schwerwiegender Probleme auf. Große Stauseen entstehen durch die
Überflutung ganzer Landstriche, wobei oft wertvolle Wälder, natürliche
Lebensräume und Feuchtgebiete zerstört und nicht selten ganze ökologische
Gemeinschaften vernichtet werden. Es liegen etliche Statistiken über
Wasserkraft und Staudämme vor, von Befürwortern und Gegnern, wobei die
Befürworter in der Regel mit detaillierten Angaben über die Eigenschaften
und Konstruktionsmerkmale der Dämme aufwarten, während die Gegner
Umweltschäden und soziale Kosten betonen. Seit den 80er Jahren gilt Schweden
Wasserkraft als 'fertig ausgebaut'. 1998 beschloss die schwedische Regierung
bestimmte Flüsse vor jeder Form von Regulierung per Gesetz zu schützen. Die Energieerzeugung aus Biomasse wird in
den letzten Jahren stark vorangetrieben und von der EU subventioniert. 1980 ist bei einer Volksabstimmung der
Atomausstieg beschlossen worden. Der erste Reaktor in
Skåne, Barsebäck Block
1 wurde am 30. November 1999 stillgelegt, Barsebäck Block 2 am 1. Juni 2005. Die restlichen zehn Reaktoren Schwedens sollten
ursprünglich bis 2010 folgen. Im
Februar 2010
nahm die schwedische Regierung das Gesetz zum Ausstieg aus der Atomkraft wieder
zurück. Bis 2020 wollen die Schweden alle fossile Brennstoffe durch erneuerbare
Energien ersetzen. Die Realisierung dieser ehrgeizigen Ziele werden dadurch
erleichtert, dass der größte schwedische Energiekonzern Vattenfall im Besitz
des Staates ist und die Regierung die Investitionspolitik des
Stromversorgers steuern kann. Brennholz ist eine Energiequelle, deren
Verfügbarkeit eine gewisse Unabhängigkeit schafft. Etwa 80% des Brennholzes
wird auf dem Lande für Haushaltszwecke verbraucht, der Rest für Heimgewerbe
und Kleinbetriebe. Mit einem Holzeinschlag von jährlich 60 Millionen Kubikmetern ist Schweden
nach Russland das zweitwichtigste Fördererland in Europa. Die
Eisenerzvorkommen gehören zu den hochwertigsten der Welt. Den Rohstoffen
entsprechend sind Holz und Metall verarbeitende Industrien stark verbreitet.
Maschinen, Apparate, und Transportmittel sind Schwedens wichtigste
Exportprodukte. Führende Industriezweige sind die Stahl- und die
Papierindustrie, gefolgt von Nahrungsmittel-, chemischer, Textil- und
Automobilindustrie sowie Schiff- und Maschinenbau. Der Schiffbau war Anfang
der siebziger Jahre an vierter Stelle im weltweiten Vergleich, ist Anfang
der neunziger Jahre aber nahezu bedeutungslos geworden. Mehr als 400.000
Fahrzeuge werden jährlich in den Werken von Volvo und Saab gefertigt.
Größter Arbeitgeber ist der Dienstleitungsbereich - hier sind 70 Prozent der
Erwerbsfähigen beschäftigt.
Die Gesamtbeschäftigung blieb in der Zeit von 1994 bis 1997 nahezu
unverändert. 1998 ist die Zahl der Beschäftigten jedoch spürbar gestiegen.
Die Arbeitslosenquote ist niedriger als in der Eurozone. Dadurch, dass rund
60% der Frauen eine Ganztagsbeschäftigung haben, sank die durchschnittliche
Wochenarbeitszeit auf weniger als 37 Stunden pro Woche.
Wirtschaftsentwicklung
Während Schweden in den Nachkriegsjahrzehnten aufgrund seiner durch den Krieg
unbeeinträchtigten Produktionsstruktur jährliche Durchschnittsraten des
Wirtschaftswachstums von 4,5 % erzielte, sank die durchschnittliche
Wachstumsrate zwischen 1970 und 1996 auf 1,6 %. Schweden gelang es von 1945 bis
ca. 1970 vorzüglich, die Wirtschaftsentwicklung und den allmählichen Ausbau des
Wohlfahrtssektors im Gleichgewicht zu halten, doch führten die verschärfte
Gewerkschaftspolitik ab Mitte der siebziger Jahre und die Ölpreisschocks zu
einer maßvolleren Lohnpolitik. Das schwedische Wirtschaftswachstum liegt über dem EU-Durchschnitt, wobei
die Zinsen und die Inflation niedrig sind. Das Wachstum ist aber allein im
privaten Sektor entstanden. Die schwache Finanzlage der öffentlichen Hand
hat zu drastischen Kürzungen bei den staatlichen Ausgaben geführt. Eine
soziale Politik und das klare Bekenntnis zum Wohlfahrtsstaat sowie die
Absicherung aller Bevölkerungsschichten kennzeichnen das schwedische
Erfolgsmodell.
Durch das unökologische Steuersystem bei
Kraftfahrtzeugen (man zahlte für neue und moderne Autos mehr Steuern als für
alte Fahrzeuge) besaßen ca. 57% der Schweden ein Auto, dass älter als 10
Jahre war. Bedingt durch dieses Steuersystem wurden
viele ältere Dieselfahrzeuge, die den Besitzern in Deutschland zu teuer
wurden, nach Schweden exportiert. Um nicht noch mehr Umwelt verschmutzende
Autos in Schweden zu bekommen, wurde die schwedische
Kfz-Steuer dem deutschen System angepasst.
Quelle: Nord Pool
Handelsbeziehungen:
Bei den Handelsbeziehungen (Handel, Dienstleistungen und Kapital) ist
Deutschland für Schweden die Nummer 1, gefolgt von Norwegen, Niederlande,
Dänemark und USA (Stand: April 2023).
Schweden war beim Start der Europäischen Währungsunion
im Jahre 1999 nicht dabei. Man behält sich die Option eines späteren
Eintritts vor. Die Befürwortung der Schweden zum Euro stieg zuerst
an. Nach der letzten Wirtschaftkrise nimmt die Haltung der schwedischen
Bevölkerung zum Euro enorm ab. Schweden betreibt weiterhin eine stabilitätsorientierte
Wirtschaftspolitik außerhalb der Währungsunion.
Wirtschaftspolitik
Die wohlfahrtsstaatliche Entwicklung in Schweden lässt sich in ihren Anfängen
bereits in die liberale Ära zurückverfolgen, aber ihre spezifische Richtung und
Intensität hat sie durch die enge Verbindung zwischen den hoch organisierten
Gewerkschaften und der die längste Zeit regierenden Sozialdemokratischen Partei
erhalten. Die relative Schwäche der bürgerlichen Parteien ist wahrscheinlich
auch ein Grund für die sehr einseitige Verteilung der Finanzierungskosten für
die Sozialaufwendungen. Diese wurden bis zur in Gang befindlichen Reform der
Alterssicherung je etwa zur Hälfte aus allgemeinen Haushaltmitteln und aus
Abgaben der Arbeitgeber bezahlt, während die direkte Beteiligung der
Versicherten überhaupt nicht ins Gewicht fiel. Die Anpassung des die Zahlungsbereitschaft der Bevölkerung weit
überfordernden und daher zu massiven Ausweichreaktionen führenden Steuersystems
begann bereits vor der Krise von 1990, doch hat diese Krise zum
‚Notbremsen-Gesetz’ von 1993 unter einer bürgerlichen Regierung geführt, dessen
Regelungen von den Sozialdemokraten nach der Widererringung der
Regierungsmehrheit (1994) z. T. noch verschärft, in der Folge, als sich die
Wirtschaftslage besserte, z. T. auch wiederum zurückgenommen wurden. Allerdings
darf von institutionellen Reformen wie der Unabhängigkeit der Zentralbank und
ihrer Verpflichtung auf das Ziel der Geldwertstabilität sowie von Maßnahmen,
die eine größere Disziplin der öffentlichen Haushalte gewährleisten sollen,
auch eine längerfristige Wirkung erhofft werden. Das gilt auch für die
Bindungen, die durch den Beitritt zur Europäischen Union und im Hinblick auf
einen späteren Beitritt zur Europäischen Währungsunion eingegangen wurden.
Deutlich sichtbar ist die Tendenz, in diesem Zusammenhang zwar das
wohlfahrtsstaatliche Leistungsnetz im Bereich der Geld- wie der
Dienstleistungen zu rationalisieren, aber nicht ernsthaft zu beschneiden. Nach wie vor beeindruckt Schweden durch eine hohe Beschäftigungsquote und durch
eine im internationalen Vergleich besonders auf Gleichheit bedachte Verteilung
der Einkommen privater Haushalte. Einen strukturellen Nachteil bildet die
dominant großbetriebliche Struktur der schwedischen Wirtschaft. Nur wenn es
gelingt, die Wachstumsmöglichkeiten von Klein- und Mittelbetrieben zu
verbessern, kann auf Dauer eine Stabilisierung von beidem erhofft werden.
Nach dem Regierungswechsel im Oktober 2022 von "Mitte-Grün-Links" zu
"Konservativ-Rechtsaußen" wurde die Wirtschaftspolitik deutlich
unternehmensfreundlicher gestaltet.
Einkommensverteilung in
Schweden
In einer längeren Perspektive hat sich der wirtschaftliche Standard für alle
Einkommensgruppen in Schweden erhöht. Der deutlichste Anstieg findet jedoch
ganz oben in der Einkommensverteilung statt. Kapitalgewinne, Zinsen und
Dividenden konzentrieren sich stark auf Menschen mit hohem Einkommen. Die
Entwicklung für die extreme Einkommensspitze ist vor allem darauf
zurückzuführen, dass diese Kapitaleinkommen stark gestiegen sind. Gleichzeitig
sind die Einkommen im unteren Teil der Einkommensverteilung relativ langsam
gestiegen. Dies erklärt sich zum Teil dadurch, dass Transfers in den unteren
Einkommensschichten einen größeren Einkommensanteil ausmachen als in den
höheren. Transfers sind in der Regel an die Preisentwicklung gekoppelt und
nicht so schnell gestiegen wie die Löhne. Das starke Einkommenswachstum am
oberen Ende der Einkommensverteilung und das langsamere Wachstum im unteren
Teil der Verteilung haben zu einer Erhöhung der Einkommensverteilung geführt.
Unterteilt man die erhöhte Einkommensverteilung nach den Einkommensarten, die
zum verfügbaren Einkommen zählen, erklärt sich die erhöhte Verteilung primär
durch erhöhte und ungleichmäßig verteilter Kapitalerträge. Die langsamere
Entwicklung für Gruppen mit niedrigen Einkommen hat dazu geführt, dass der
Anteil der Menschen mit niedrigen wirtschaftlichen Standards, gemessen am
Medianeinkommen, seit Mitte der 1990er Jahre zugenommen hat. Im Vergleich zu
vielen anderen Ländern weist Schweden noch eine relativ gleichmäßige
Einkommensverteilung auf. Im Vergleich zwischen den EU-Mitgliedstaaten gehört
Schweden zu den Ländern mit dem geringsten Risiko von Armut und sozialer
Ausgrenzung. Öffentlich subventionierte Wohlfahrtsleistungen wie
Altenpflege, Bildung und Gesundheitsfürsorge sind ein wichtiger Bestandteil der
Verteilungspolitik. Berücksichtigt man den Wert dieser Leistungen, verringern
sich die Einkommensunterschiede um etwa 20 Prozent, vor allem durch die
Aufwärtsverschiebung von Haushalten mit Kindern und älteren Rentnern in der
Einkommensverteilung. Die 2015–2018 durchgeführten Reformen hatten ein
nivellierendes verteilungspolitisches Profil. Die Reformen sollen zu einer
geringeren Einkommensverteilung und einer stärkeren wirtschaftlichen
Gleichstellung von Frauen und Männern beigetragen haben. In diesem Zeitraum
wurde auch in Sozialleistungen investiert, die für einkommensschwache Haushalte
die größte Bedeutung hatten. Familien mit Kindern wurden mit den meisten
Mitteln versorgt, da Bildung einen großen Teil der Investitionen ausmachte.
Die Reformen im beschlossenen Haushalt 2019 führen nach Einschätzung der
Regierung zu einem erhöhten wirtschaftlichen Standard in allen
Einkommensschichten, wirken sich aber am stärksten auf den wirtschaftlichen
Standard im oberen Teil der Einkommensverteilung aus. Die Reformen tragen somit
zu einer Erhöhung der Einkommensverteilung und zu einer Verringerung der
wirtschaftlichen Gleichstellung von Frauen und Männern bei. Die
Wohlfahrtsinvestitionen im beschlossenen Haushalt für 2019 werden so beurteilt,
dass sie finanzielle Ressourcen in allen Einkommensgruppen mit Ausnahme der
niedrigsten hinzufügen. Denn von den Kürzungen in den Bereichen
Arbeitsmarktmaßnahmen, Altenpflege und Soziale Arbeit sind vor allem Personen
mit den niedrigsten Einkommen betroffen.
Quelle: Dagens insdustri April 2019
Kreislaufwirtschaft – Strategie für die Transformation Schwedens
Um die Umwelt- und Klimaziele zu erreichen, den Wohlstand und die
Wettbewerbsfähigkeit von Wirtschaft und Industrie zu sichern und die
globalen Ziele für eine nachhaltige Entwicklung zu erreichen, ist ein
gesellschaftlicher Wandel erforderlich. Mit der Agenda 2030 will
Schweden den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft erreichen. Diese
nationale Strategie zeigt die Richtung für die Arbeit auf, die getan
werden muss, um auf zirkuläre Produktions-, Konsum- und Geschäftsmodelle
sowie schadstofffreie und zirkuläre Stoffkreisläufe umzustellen. Mit der
Vision will Schweden die Ressourcen effizient in schadstofffreien
Kreisläufen nutzen, um Neuware zu ersetzen. Schweden hat als eines
der innovativsten Länder der Welt gute Voraussetzungen, diesen Wandel
anzugehen. Durch Technologieentwicklung und Innovation für zirkuläre
Lösungen können wichtige Schritte zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit
unternommen werden. Viele schwedische Unternehmen sehen bereits
Möglichkeiten zur Neuausrichtung ihrer Geschäftstätigkeit auf eine
ressourceneffizientere, schadstofffreiere Kreislaufwirtschaft und
biobasierte Wirtschaft. All dies bietet auch Vorteile auf dem
globalen Markt, wo schwedische Unternehmen die Produkte und
Dienstleistungen exportieren können, die gefragt sind, wenn sich die
Welt verändert. Dies schafft mehr Unternehmen, neue Arbeitsplätze und
mehr Wohlstand bei gleichzeitiger Reduzierung der Umweltbelastung. Durch
diese Strategie will die Regierung die Richtung und den Ehrgeiz für die
Arbeit vorgeben, Aktionspläne und konkrete Maßnahmen beschließen. Die
zentralen Ziele der Agenda 2030 sind: Gesundheit und Wohlbefinden,
nachhaltige Energie für alle, menschenwürdige Arbeitsbedingungen und
Wirtschaftswachstum, nachhaltige Industrie, Innovationen und
Infrastruktur, nachhaltige Städte und Gemeinden, nachhaltiger Konsum und
Produktion, Bekämpfung des Klimawandels.
Quelle: Regeringskansliet Juli 2020
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