Mit dem WOMO nach Schwedisch-Lappland

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04. August 2008

Das Wohnmobil ist gepackt und voll getankt. Unsere Reise nach Lappland kann losgehen. Auf der A1 fahren wir rund 500 km bis nach Fehmarn, wo wir auf unserem Stamm-Campingplatz "Strukkamphuk" übernachten.
Entlang der weit verzweigten Radwege und fernab befahrener Straßen, zeigt sich die Vielfalt Fehmarns mit blühenden Gärten und Wiesen. Schon vor 5000 Jahren war die Insel besiedelt. Doch weder Dänen noch der holsteinsche Landadel konnten auf Fehmarn so richtig Fuß fassen. So kommt es, dass es auf der Insel auch keine Schlösser oder prachtvolle Herrenhäuser gibt. Dafür aber stattliche Bauernhöfe, die vom Wohlstand ihrer Besitzer zeugen. Neben der Landwirtschaft ist der Tourismus der wichtigste Wirtschaftsfaktor geworden. Eine weitere Einnahmequelle der Fehmarner ist die Windkraft. Mancherorts stehen regelrecht Windmühlenparks. Einer von ihnen ist sogar der größte Deutschlands. Für die Bauern ist die Windkraft ein lukratives Zusatzgeschäft. Die Windenergie ist durch die lokalen Betreibergesellschaften der größte Gewerbesteuerzahler noch vor dem Tourismus geworden. Die gotische St. Nikolais-Kirche ist eine der ältesten und zugleich imposantesten Bauwerke Fehmarns. Wappen und so genannte Hausmarken auf dem Gestühl zeugen von der Vielzahl der Sitten und Geschlechter auf Fehmarn.

05. August 2008

Heute wollen wir weiter nach Schweden fahren. Die vier Fähren zwischen Puttgarden und Rødby fahren im 30-Minutentakt rund um die Uhr. Die Schiffe sind für diese Route ganz besonders konzipiert worden, so dass sie im Hafen nicht drehen müssen. Das lässt sich daran erkennen, dass sie vorne und hinten gleich aussehen. Am Kai sitzen Angler geduldig, die Rute haltend, mit dem Rücken gegen die Straße am Wegrand. Die Wartespuren am frühen Morgen sind fast leer und wir dürfen schon bald in den Bauch der Fähre "Prins Richard" fahren.
In Rødby angekommen geht es auf der E47 in Richtung Malmö. Kurz vor Maribo schiebt sich ein Motorradfahrer vor uns auf unsere Spur, der eine neongelbe Weste trägt. "Politi" steht darauf (Polizei). Der Mann winkt - ich soll ihm folgen. Ich schaue sofort auf den Tacho. Zu schnell war ich keinesfalls, gerade mal 80 km/h. Der Polizist fährt auf eine Raststätte und lotst mich auf eine große Betonplatte neben einem Häuschen. Ich fahre im Schritttempo drauf und öffne das Fenster. Die Waage zeigt 3860 Kilogramm an. Der Polizist sagt auf Deutsch: "Gewicht?" Ich: "Wie bitte?" Der Polizist: "Wir wiegen die Camper. Sie dürfen nicht schwerer als 3,5 Tonnen sein." "Was wiegen Sie?" - "Wie bitte?" "Nicht Sie, der Camper." "Und ich dachte, Sie meinen mich." Wir lachen beide. Ich zeige dem Polizisten meine Zulassung, in der ein zulässiges Gesamtgewicht von 4250 Kilogramm eingetragen ist. Es kann also weitergehen. Über die 16 km lange Öresundbrücke geht es nach Malmö. Endlich wieder schwedischen Boden unter den Rädern.
Wie vor Stockholm im Osten findet sich auch vor Bohuslän im Westen eine ganz spezielle Schärenwelt. Der wunderschöne Küstenabschnitt zwischen Göteborg und der norwegischen Grenze beeindruckt uns wieder total. Abertausende vom Eis geschliffene Granitbuckel bilden ein Labyrinth, in das sich nur ortskundige Segler wagen sollten. Die Schären sind ein Traumbild, schöner als die Schweizer Alpen und die Küste des Mittelmeeres. In kaum einer anderen Ecke Europas zeigt sich die Natur noch so urwüchsig wie in Schweden, mit seinen tiefen Wäldern und Schären und malerischen Küsten wie auf der Insel Tjörn.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Nordens Ark (Arche des Nordens), ein Zoo für vom Aussterben bedrohter nordischer Tierarten. Die Tiere leben hier in großen Gehegen, wo sie sich zurückziehen und Ruhe finden können, um sich zu vermehren. Ein 2,7 km langer Rundwanderweg über Holzbrücken und Schotterwege führt uns an den Gehegen von Bären, Wölfen, Füchsen, Luchsen, Rentieren, Elchen und vielen nordischen Vögeln vorbei.
Auf dem Parkplatz des Zoos wollen wir übernachten. Da es zum Schlafen noch zu früh ist, gehen wir noch runter zum Wasser und machen einen Spaziergang. An einem abgezäunten Bereich treffen wir auf 2 weiße Kühe. Die Ödhumla ist ursprünglich eine norwegische Haustierrasse und wird auch als westländisches Fjordvieh bezeichnet. Der Name Ödhumla kommt von Audhumla, der ursprünglchen Kuh laut altnordischer Mythologie. Die Ödhumla stammt von der skandinavischen Viehart von Mitte des 19. Jahrhunderts ab. Die zielbewusste Züchtung führte zum Verschwinden des letzten Restes dieses ursprünglichen Kuhtyps. Man legte fest, wie die ideale Kuh aussehen sollte und wie produktiv sie sein sollte. Deshalb wurde die Ödhumla mit anderen Kühen gekreuzt. Zuletzt gab es nur noch einen reinrassigen Stier und 5 Kühe der Ödhumla und von ihnen stammen alle heutigen Fjordviehkühe ab.

06. August 2008

Bevor die ersten Zoobesucher kommen, sind wir bereits auf dem Weg nach Värmland. Ein erster schwarzer Elch auf gelbem, rotumrandeten Schild signalisiert uns, dass wir gut aufpassen müssen. Die massiven Tiere haben bei Kollisionen schon manches Auto zum Schrottplatz und manchen Insassen zum verfrühten Jenseits verholfen. Die Statistik behauptet, dass jeder dritte Autounfall in Schweden die Folge eines Zusammenstoßes mit einem Elch sei. Wir sehen heute keines dieser schnellen Riesenhirsche.
Es geht zum Campingplatz Munkeberg in Filipstad. Dort hat Martin 2004 wegen seiner guten Fremdsprachenkenntnisse (Deutsch, Englisch, Schwedisch und Niederländisch) den Platz auf der Halbinsel im Lersjön übernehmen dürfen.
Was ist eine Sehenswürdigkeit? Niemand weiß es, außer den Verfassern von Reisehandbüchern. Was sie mit Sternchen versehen, ist immer dasselbe: eine gotische Kathedrale, ein pittoresker Wasserfall, eine Pinakothek, eine Burg, eine herrliche Aussicht, eine wildromantische Schlucht mit Souvenirkiosk und Ausflugsrestaurant. Dagegen ist nichts einzuwenden. Man kann sich allerdings auch auf einen anderen Standpunkt stellen und behaupten: "Was eine Sehenswürdigkeit ist, entscheide ich". Das ist nicht so hochmütig, wie es sich anhört. Ich glaube sogar, dass eine gewisse Bescheidenheit darin liegt. Wer so denkt, will ja niemandem einreden, dies oder jenes müsse man gesehen haben. Im Gegenteil. Manche der Attraktionen, die ich bevorzuge, sind ausgesprochen unscheinbar.
In fast jedem Reiseführer steht, dass man die Statue von Nils Ferlin im Stadtpark von Filipstad besuchen soll. Doch was ist mit der alten Hüttenanlage (Storbrohyttan) neben dem kleinen Wasserkraftwerk am Rande der Stadt? Als alter Hochöfner zieht mich so ein Anblick natürlich sofort an. In dem alten Hochofen wurde 1920 das letzte Roheisen abgestochen. Danach hat man die Anlage stillgelegt.

07. August 2008

Die E4 führt uns dicht an der Schärenlandschaft der schwedischen Ostküste vorbei. Über Gävle, Sundsvall und Härnosand geht es mit der kostenlosen Autofähre zur Insel Hemsön. Wir besuchen am Storåberget die atomwaffensichere Hemsö fästning. Hemsöns strategische Lage bei der Mündung des Ångermanälven machte die Insel im ganzen 19. Jahrhundert verteidigungsmäßig interessant. Die erste militärische Anlage wurde schon in den 1920er Jahren in Dalom gebaut. Die heutige Hemsö Festung entstand in den 50er und 60er Jahren während des kalten Krieges. Insgesamt wurden hier 26.000 Kubikmeter Stein aus dem Storråberget gesprengt. Die Festung war ein wichtiger und heimlicher Teil der schwedischen Küstenverteidigung. Die dazugehörige Küstenartillerie mit 15,2 cm Kanonen konnte bis zu 20 km weit schießen. Die Hauptaufgabe der Festung war es, den Transportweg des Ångermanälven und die wichtigen Industrien gegen feindliche Kriegsschiffe zu schützen. Während des kalten Krieges war die Festung Hemsö streng geheim und kein Fremder durfte die Insel Hemsön besuchen.
Am Ende des kalten Krieges, als die Berliner Mauer fiel, hatte die Festung ihre strategische Bedeutung verloren. 1998 wurde die Festung Hemsö ein staatliches Baudenkmal und im Sommer 2005 wurde sie für die Öffentlichkeit freigegeben.
Auf der geführten Tour durch den Berg wurden uns die Kanonenbatterien, Laderäume, Treibstoffbunker, Feuerleitstelle, Küche, Sanitätsraum, Mannschaftsräume, Speisesäle und die Offiziersmesse gezeigt. Im Maschinenraum befindet sich ein großer Notstromdiesel, der die Anlage bei Stromausfall versorgen sollte. Storråberget verbrauchte so viel Strom wie 110 mit Strom beheizte Einfamilienhäuser. Im Nebenraum steht ein Heizkessel der die Anlage mit Wärme und die Küche mit Dampf versorgte. Am 11. Oktober 1967 schrieb König Carl XVI Gustaf (damals Kronprinz) seinen Namenszug auf eine Felswand des Storråberget.
Auf den ruhigen Parkplatz kommt abends noch ein zweites WOMO - Vater mit Sohn, die hier auch übernachten und morgen die Festung besuchen wollen. Ich gehe noch ein wenig im Wald spazieren und sammle für morgen Blaubeeren zum Nachtisch. Wenn die Tage in Skandinavien am längsten sind, wachsen die süßesten Walderdbeeren und die Pfifferlinge schießen zwischen den Farnen. Elke liest in der Zeit Liza Marklund - Das Paradies.

08. August 2008

Ein glutrot angehauchter Wolkenamboss kündet vom erwachenden Sonnentag hinterm Horizont. Nach dem Frühstück bringt uns die Fähre wieder zurück aufs Festland. Über die 1800  m lange Högakustenbron, die die beiden Kommunen Härnösand und Kramfors miteinander verbindet, fahren wir zum Nationalpark Skuleskogen.
Sehr interessant finde ich den informativ gestalteten Naturum, in dem dargestellt wird, wie sich die Höga Kusten (Hohe Küste) entwickelte. Außerdem bekommen wir Auskunft über Flora, Fauna, Geologie und den Nationalpark Skuleskogen mit dem Skulleberget sowie Ausflugsziele in der Umgebung.
Ein steiler Felsenpfad führt mich den Skulleberget hinauf. Kein Zuckerschlecken, aber man wird belohnt durch den herrlichen Blick auf die Inseln Mjältön (mit 236 m Schwedens höchste Insel), Ronön, Norra Ulvön und Södra Ulvön. Weiter nördlich liegt die Insel Älgön. Älgökalven ist eine kleine Insel die ca. 1 km westlich von Älgön liegt. Am Skulleberget ist die am höchsten gelegene Küstenlinie der Welt, 286 m über dem Meer. Hügelige Wälder, so weit der Blick schweift. Wie Skulpturen eines Bildhauers prägen zerstreute Granitblöcke das Landschaftsbild und zeugen von der formenden Kraft eiszeitlicher Gletscher. Die Aussicht auf das offene Meer ist traumhaft. Das einfache Geländer aus dünnen Eisenstangen hat bestimmt schon vielen nicht ganz schwindelfreien Gipfelstürmern den Puls beruhigt.
Der Granit, der den Blitz seiner Kristalle unter dünnem Moos verbirgt, ist ca. 1,4 Milliarden Jahre alt. Die gewaltigen Felsen sind von Gletschern geformt und vom Meer poliert. Granit ist der Baustein dieser Gegend und Baumeister waren die Eiszeiten, die mit ihren Gletscherzungen die Täler ausschleckten. Welche gewaltigen Kräfte sie freisetzten, zeigen die rund geschliffenen Felsungetüme, die hier am Meer herumliegen. Hingelegt wie erlegte Urweltriesen füllen sie den Strand. Draußen steht das Meer still. Es scheint befreundet mit dem Fels und umdrängt ihn schmeichelnd.
Am frühen Nachmittag erreichen wir Didi und Silvi auf ihrem Campingplatz Kornsjögården. Am Abend zaubert uns Didi köstliche Rouladen mit Rotkohl und Salzkartoffeln. Nach dem Essen plaudern wir mit ihm bei einem Bier noch ein bischen über dies und das.

09. August 2008

Wir fahren weiter Richtung Norden. Als wir in Örnsköldsvik am Verteilerkreis Sprungschanze Örnsköldsvikzu einer Tankstelle abbiegen, wollen wir es erst gar nicht glauben, aber der Auslauf der dortigen Sprungschanze endete direkt über der Tankstelle. Vorher müssen die Springer nach der Landung durch eine Eisenbahnunterführung fahren. Von oben gesehen sieht es so aus, als ob die Springer direkt auf die querenden Eisenbahnschienen springen würden, aber es ist doch noch gut 50 Meter Platz. Wenn die Skispringer starten, fliegen sie gewissermaßen über die Stadt. Von hier oben haben wir einen herrlichen Ausblick auf den inneren Hafen, das Stadtzentrum und Paradisbadet, eine tropische Badehalle. Für eine Stadtbesichtigung wurde es dann aber zu knapp, denn wir wollen heute noch Luleå erreichen.
Auf dem Highway kommen wir schnell voran und fahren durch Umeå und Skellefteå, die beide eine gute Mischung zwischen alten und neuen Häusern aufweisen. Am Nachmittag erreichen wir den Campingplatz in Luleå, der einen schönen Sandstrand hat.
Es ist sommerlich warm - wie im Paradies. Das schöne Wetter lockt uns an den Strand. Da wir Urlaub haben, können wir in Ruhe am Ufer liegen und den Wölkchen zusehen, die zwischen den Baumwipfeln am blauen Himmel auftauchen. Das Einzige, was wir hören, ist das Summen der Insekten, das Zwitschern der Vögel und der Wind in den Bäumen. Stark grenzt sich das Meer vom Himmel ab. Von der Überfülle ausgegossenen Lichts ist die Luft fast weiß. Wolken zerlösen sich in weitester Ferne widerstandslos wie Staub. Aber das Meer wallt von unten auf, sicher sich steigend, als spürte es schon den Abend, der ihm erst den letzten Glanz gewährt. Es war ein großartiger Abend hier oben am Bottnischen Meerbusen.

10. August 2008

Heute machen wir einen Abstecher in das zum UNESCO Weltkulturerbe gehörende Gammelstaden. Das Kirchendorf von Gammelstad besteht aus 400 rot angestrichenen kyrkstugor (Hütten), in denen die damals teilweise sehr weit angereisten Kirchgänger übernachten konnten, wenn sie zum Gottesdienst nach Luleå kamen und auf Grund des weiten Weges nicht am selben Tag zurückreisen konnten. Heute werden die alten kyrkstugor noch teilweise von Jugendlichen genutzt, wenn sie zur Konfirmation in den Ort kommen. Gammelstaden wurde im 14. Jahrhundert an der Mündung des Luleälv gebaut. Aufgrund der Landhebung liegt der Ort heute mehr als 10 km im Landesinnern.
Am Vormittag geht es weiter nach Haparanda, wo wir die Grenze nach Finnland überqueren und dem Torneoälv auf der E8 in nördlicher Richtung folgen. Wir haben schon den größten Teil der Ebene hinter uns gelassen, als wir am Straßenrand ein Rentier sehen. Kurz darauf kommt ein Kalb aus dem Straßengraben und folgt seiner Mutter. Vorbei an einigen Stromschnellen erreichen wir Övertorneå, wo wir den Torneoälv wieder überqueren um nach Schweden zu kommen. In Överkalix finden wir einen preiswerten Campingplatz. Über das benachbarte Hotel können wir uns sogar kostenlos über WLAN ins Internet einloggen. Bei einem kurzen Stadtbesichtigungsbummel fiel uns auf, dass es hier oben mehr blonde Menschen gibt als im südlichen Schweden.

Torneoälv

Ab jetzt kommen immer mehr Mücken. In der kurzen Sommerzeit müssen sie ihren Nachwuchs im Eiltempo produzieren. Wer in den Norden Skandinaviens will, der sollte also gewappnet sein – am Besten mit Mückenmitteln aus der Gegend. In Mittelschweden lässt die Plage schnell nach. Ist der Sommer trocken und kein Moor in der Nähe, dann fallen die Mücken kaum noch auf. Nur am Abend schauen sie mal vorbei. Aber man muss sie ja nicht mit ins Haus nehmen.
Schweden, das ist Wildnis und eine seit Jahrtausenden besiedelte Kulturlandschaft. Der schwedische Sommer ist hell und klar und eine belebende Zeit für die Menschen. Wo der Nadelwald in Moorlandschaft übergeht und sich das Rot in voller Pracht entfaltet, da ist Lappland. Alles hier ist weit und groß und still, ganz anders als zu Hause. Die Stille fließt fern her, aus riesigen Räumen, die ohne Grenzen scheinen. Das Land aus Wasser, Fels und Wald gibt mir das Gefühl, endlich durchatmen zu können. Welch vollkommene Harmonie mit der Natur.
Nach dem Grillen sind wir so satt, dass wir ein Verdauungsschläfchen anschließen. Wir haben Zeit, es wird ja kaum dunkel. Als wir die Augen öffnen, sind von Osten her Schleierwolken herangezogen und liegen wie ein Weichzeichner vor der Sonne. Auch der längst eingeschlafene Wind ist wieder erwacht.

11. August 2008

Kurz vor Sonnenaufgang sind die Berge orangefarben. Ich habe gelernt, dass die liebliche Landschaft Schwedens kein Ort für aufgeregten Vorwärtsdrang und eifrige Rekordversuche ist. Dafür schenkt sie Momente, die ich in mentaler Zeitlupe genießen möchte. Lappland, Europas letzte Wildnis, mit seinen ausgedehnten Wäldern und wogenden Bergketten, bietet beste Gelegenheit dazu. Die grenzenlosen Weiten der Berge, Wälder und Täler, das klare Wasser der Bäche, Flüsse und Seen, die Stille, die absolute Stille. Gefühle vom Sommer beflügelt, für den Winter bewahrt.
Kurz vor Kiruna machen wir einen Abstecher zu dem berühmten Eishotel in Jukkasjärvi, was natürlich schon längst geschmolzen war und das entliehene Baumaterial dem Torneoälv wieder zurückgegeben wurde. Hier werden jedes Jahr im März ca. 3000 Eisblöcke mit einem Gewicht von zwei Tonnen aus dem zugefrorenen Torneälv herausgeschnitten und in einer großen, auf Minus fünf Grad gekühlten Halle für den Bau des nächsten Eishotels gelagert. Nach einem kurzen Stopp an der Eisproduktionshalle, wo über eine halbe Millionen Eisgläser pro Jahr hergestellt werden, fahren wir weiter nach Esrange, der schwedischen Startbasis für Forschungsballons und Höhenforschungsraketen. In der fast menschenleeren Wildnis, mit einem Landeareal von 10.000 m2, können die am Fallschirm zu Boden sinkenden Experimentmodule mittels GPS leicht von Hubschraubern geborgen werden. Leider können wir das Testgelände nicht besuchen. Wir hätten vorher in Kiruna einen Termin vereinbaren müssen und wären dann in einer Gruppe geführt worden.
Für die Nacht quartieren wir uns im Camp Ripan in Kiruna ein. Mit dem Fahrrad erkundige ich noch ein wenig die Stadt, was aber nicht so einfach ist, denn Kiruna ist ganz schön hügelig. Die Stadt wird stark von dem benachbarten Bergwerksgelände geprägt. Die Hauptsehenswürdigkeiten für mich sind das Rathaus, die Feuerwehr mit dem roten Turm und die schöne Holzkirche mit dem Glockenturm im Stadtzentrum, sowie die auffallenden Abraumhalden. 

12. August 2008

Je nördlicher wir kommen, umso heller werden die sommerlichen Nächte. Der Morgen schaut schon gegen drei Uhr als heller Streifen über dem Horizont. Hier, nahe Kiruna, rückt die Sonne kaum noch vom Horizont und taucht den See in das magische Licht, das nur der Norden kennt.
Heute geht es ins Fjäll nach Abisko, wo gerade der Fjällräven-Classic-Wanderlauf stattfindet. Was ein Fjäll ist, wusste ich schon aus den Petterson und Findus-Büchern meiner Kinder: Ein begehrtes Ausflugsziel, hügelig und baumlos eben. Der Kungsleden (der Königspfad) und die Abisko-Turiststation wurden 1902 vom Svenska Turistföreningen (STF) gegründet. Die Saison ist hier kurz. Im Juni sind meist noch weite Teile unter Schnee begraben - im September schneit es schon wieder. Auch der Juli ist nicht sehr geeignet, denn die Mückenpest wütet dann am Wildesten und die unzähligen jokks (Bäche) führen Schmelzwasser und sind sehr mühselig und gefährlich - wenn überhaupt - zu queren. Was bleibt, ist der Monat August. Auf diesen Monat konzentrieren sich 80 % der Wanderer. Aber auch dann ist eine Wanderung im "Schwedischen Alaska" kein Kinderspiel. Obwohl in den höheren Regionen kiesige, relativ trockene Böden vorherrschen, hat der Frost viel aufgebrochen, sodass der Fuß oft im Dreck versinkt.
Der 110 Kilometer lange Lauf von Nikkaluokta nach Abisko führt über den Kungsleden durch eine der schönsten Landschaften Schwedens. Wer die Strecke in drei Tagen schafft, bekommt ein Goldabzeichen (vier Tage Silber und fünf Tage Bronze). Friluftslivet sagen die Schweden und meinen ihre Leidenschaft für Outdoor-Aktivitäten.
Abiskojokk-CañonWir parken unser WOMO auf dem Parkplatz gegenüber der Touristenstation und ich gehe auf dem zwei km langen Abiskojokk-Cañon. Donnernde Wasserkaskaden bahnen sich ihren Weg durch Urgesteinsklüfte. Das Schmelzwasser der Gletscher färbt die Bäche in ein ganz besonderes Grünblau. Die steilen Felswände zeigen einen Querschnitt des geologischen Aufbaus dieses Gebietes. Mir bietet sich ein wunderschöner Blick in die Schlucht, in welcher der Fluss eindrucksvoll dahin fließt. Über alle schweren Furten hat man Brücken gebaut. Sumpfige Gebiete sind mit Holzstegen versehen. Eine kleine Hängebrücke über den Fluss führt mich in einen lichten Wald aus Birken. Die Wildnis hat sich schon weit zurückgezogen, aber es gibt sie noch. Die Wildniswanderung zeigt die Schönheit unserer Natur, dort wo der Mensch noch nicht seine Finger im Spiel hatte. Es macht Spaß, mit dem Fotoapparat den flüchtigen Augenblick der Schönheit der Natur einzufangen.
Weiter am Abiskojåkka in Richtung Abiskojaure kommen mir in regelmäßigen Abständen die Läufer, die in Nikkaluokta gestartet sind, entgegen. Als ich am frühen Abend nach ungefähr 20 Kilometer Bergauf und Bergab wieder am Parkplatz ankomme, taten mir die Knie weh und ich hatte mir eine Blase gelaufen. Doch diese unberührte, intakte Natur entschädigt mich für die Strapazen.
An der Touristenstation, am Ziel des Fjällräven Classic Laufes, hat man drei Lappenzelte zu einem großen Partyzelt verbunden. Mitten drin brennt ein Lagerfeuer. Vor der Touristenstation sitzen einige Läufer auf Campingstühlen, die Füße in Sprudelbäder getaucht - entspannende Momente. In den Aufenthaltsräumen sitzen oder liegen viele Wanderer mit verbundenen Füßen.
Noch bis nach 23 Uhr werden die letzen ankommenden Läufer klatschend empfangen. Fast jedem kann man die völlige Erschöpfung ansehen. Bis nach Mitternacht wird mit öl och korv (Bier und Bratwurst) bei Countrymusik am Lagerfeuer gefeiert. Die Musik und der Gesang der Wikingerkehlen erklingen weit in die nordschwedische Wildnis. Toll, dass ich so ein schönes Fest miterleben durfte - hierher komme ich bestimmt noch einmal. Der schnellste Läufer bei diesem Wanderlauf ist Anders Dahlin aus Borlänge 12:53:59. Letzter Ankömmling ist Martin Hülle aus Düsseldorf 151:04:14.

13. August 2008

Am heutigen Morgen gönnen wir uns ein opulentes Frühstück. Die Wolken auf den Bergen traten vor und machten sich deutlicher. Es nieselte aus tief liegenden Wolken. Mit der Seilbahn geht es auf den 1169 Meter hohen Berg Njulla. Rieselndes Wasser schwärzt die Felsen. Das meistfotografierte Fjällmotiv Lapplands ist der sog. Lapporten (auf Deutsch Lappenpforte), ein U-förmiges Tal zwischen den beiden Bergen Tjuonatjåkka und Nissuntjårro. Mit seinem charakteristischen U-Profil ist es das Wahrzeichen von Abisko. Uns bleibt wegen der tief hängenden Wolken der Anblick verwehrt.

Blick von Njulla Richtung Lapporten

Farbenprächtige Flechten wachsen hier auf dem Urgestein. Alles ist weit und groß und still, ganz anders als zu Hause. Die Stille fließt von fern her, aus riesigen Räumen, die ohne Grenzen scheinen. Ich mag dieses Schroffe, Karge, Einsame und Wilde. Mein Hang zum Norden ist wie eine Sucht. Eine wunderbare Welt, in der ein Baum oder ein Stein viel mehr bedeutet als das, was wir mit den Augen wahrnehmen können.
Es passiert so plötzlich, ganz ohne Vorwarnung. Auf einmal stehen sie vor mir, eine Reihe graubrauner Rücken mit den Köpfen zum Boden geneigt. Die Rene stehen auf einem kleinen Bergrücken und äsen. Ohne Hast rupfen sie das spärliche Gebirgsgras ab. Alles vollzieht sich in einem gemächlichen Tempo. Die wohl entwickelten Geweihe bewegen sich im Takt des Grasens. Auf einmal sind die Tiere hellwach. Ihren Körpern sieht man die erhöhte Wachsamkeit an. Wie auf ein verabredetes Signal hin setzt sich das Rudel in Bewegung. Kein Tier bleibt zurück. Gemeinsam suchen sie einen neuen Fressplatz am Nordhang auf, wo sie wieder zur Ruhe kommen.
Man ist auf eine ganz besondere Art zufrieden, wenn man einen Wiesenpieper studieren kann, der seine Triller ertönen lässt oder wenn man die Zeit verstreichen lässt, um ein Rudel Rene zu beobachten. Lasse ich mir Zeit, ist auch die Seele ganz mit dabei. Die Zeit vergeht wie im Fluge. Es fällt schwer, Abschied zu nehmen, aber die Weite Lapplands will weiter erkundet werden. Am Abend ereichen wir den Campingplatz in Gällivare. Draußen, im Südwesten, zieht sich ein furchtbares Dunkel zusammen. Himmel und Wasser verwischen zu einer schwarzblauen Decke. Ein spätsommerliches Gewitter verschwendet Regenfluten über dem im Sommer fast verdurstenden Land. Es schüttete vom Himmel, wie in der Geschichte von Noah. Die Donnerschläge dröhnen, wie sie nur dröhnen, wenn Wolken tief über offenem Wasser treiben und der gewaltige Knall und der blendende Schein des Blitzes verraten, dass das Gewitter direkt über uns steht. Der Blitz schlägt am nahen Ufer ein. Ein Grollen und ein Lichtmeer zugleich. Wir spüren den Druck und nicht weit von uns zersplittert am Ufer eine Birke.

14. August 2008

In der Nacht frischt es zu einem starken Sturm auf. Es heult als ob 1000 Katzen ihren Schwanz in der Tür eingeklemmt hätten. Die ganze Nacht hindurch tobte das Unwetter. Am Morgen starre ich aus dem Fenster in den Regen. Tropfen, die auf dem Glas um die Wette laufen, einander vereinnahmen und sich verlieren.  Die Stimmung entspricht den düsteren Wolken. So bleiben wir erst im WOMO, ich erledige die Schreibarbeiten und Elke liest weiter Liza Marklund.
Gegen Mittag ist die Wolkendecke wie weggeblasen. Ein breiter Bogen aus funkelnden Regenbogenfarben spannt sich von Ost nach West über das Firmament. Karminrote und gelbe Lichtstrahlen flammen von seinem höchsten Punkt zum Zenit auf. Im Abstand von einer oder zwei Sekunden wachsen große leuchtende Bänder parallel zu dem Bogen hinter dem nördlichen Horizont empor und überfluten in makelloser Pracht den Himmel.
Uvssat davás (Die Türen zum Westen)Auf der Straße 45 kommen wir an dem großen Wasserkraftwerk von Porjus und den Wasserfällen Trollforsarna vorbei. Kurz vor Jokkmokk halten wir hinter einer Brücke, um uns das Kraftwerk von Akka anzusehen. Die Künstler Bengt Lindström und Lars Pirak haben hier ein Monumentalgemälde geschaffen, dass an das Leben und die samische Kultur anknüpft. Sie malten auf dem Kraftwerk und den Schleusentoren Bilder mit samischen Symbolen. Das Kunstwerk trägt den Namen: Uvssat davás (Die Türen zum Westen).
In Jokkmokk (samisch: Jåhkåmåhkke) besuchen wir das Ájtte (Fjäll- und Sámi-Museum), das Hauptmuseum der Sámikultur. Es informiert über die Koexistenz von Mensch und Natur. In der Ausstellung werden Alltags- und Festkleidung aus Leder und Tuch, das Leben einer Siedlerfamilie Anfang des 20. Jahrhunderts, das Nomadenleben und die Selbstversorgung mit Rentierzeug bis in unsere Zeit gezeigt.
Die Inneneinrichtung von Jokkmokks gamla kyrka (alten Kirche) ist in den Farben Rot, Blau und Gelb gehalten und entspricht den traditionellen Sámi-Farben. In der neuen Kirche, gegenüber dem Museum, erzählt uns eine Tonbandstimme in deutscher Sprache vieles Wissenswerte über die Bilder und den Architekten der Kirche.
Wir queren den 66. Breitengrad. Auf einer Informationstafel wird uns die Polarkreisbewegung erklärt. Das der nördliche Polarkreis die südlichste geographische Breite ist, wo die Mitternachtssonne bei der Sommersonnenwende sichtbar ist, dass wussten wir schon. Allerdings haben wir uns bisher keine Gedanken darüber gemacht, dass seine Position durch die Neigung der Erdachse definiert wird, die sich unter Einwirkung der Sonne, des Monds und der Planeten verändert. Während 40.000 Jahren bewegt sich der Polarkreis nordwärts und südwärts innerhalb einer 180 km breiten Zone. Außerdem bewegt er sich während 18,6 Jahren innerhalb einer 570 m breiten Zone. Der Polarkreis erreicht seine nördlichste Position im Jahr 12.000, kommt hier zurück im Jahr 22.000, erreicht seine südlichste Position im Jahr 32.000 usw.
Im Geschäft gibt es neben Ansichtskarten und allerlei Firlefanz auch echte Norwegerpullover und Hüte. Aber da sie echt sind, haben sie auch ihren Preis. Also kauften wir lieber nichts.
Nach dem Besuch des teuren Touristenshops kommen wir auf der 45 an ein Schild "Baustelle 43 km". Und schon geht es los: Eine nicht aufhörende Schlaglochpiste, die unseren Wagen kräftig durchschüttelt. Nur noch wenige Kilometer, doch wir haben Zeit und übernachten auf einem Parkplatz am Piteälv. Sein Wasser fließt kraftvoll und schnell. Von hier aus ist Riverrafting möglich, doch die Saison ist schon beendet.
Ein schwedisches Ehepaar hat sich hier mit Wohnwagen und Vorzelt zum Angeln häuslich eingerichtet. Ein Gefühl grenzenloser Freiheit. Wer braucht schon Hotels oder Restaurants, wenn er sein Bett und die Küche stets dabei hat. Wir sitzen in unseren Campingstühlen und lassen die Seele baumeln. Hier oben im hohen schwedischen Norden erscheint die Natur noch total unberührt. Als die Abendsonne ihre letzten roten Lichtpfeile hoch über den Baumwipfeln am Horizont abschickt, glüht das Dach unseres Wohnmobils wie warme Lava.

15.August 2008

Unter einem grauen Himmel, den ein paar violette Wolkenstreifen zerteilen, liegt Arvidsjaur. Die Lappstan (Kirchstadt) aus dem 17. Jahrhundert umfasst ca. 30 alte gåhtie-kåtor (Samenhäuser) und 50 härbre (Vorratshäuser). Die um eine Kirche gruppierten Häuser dienten den angereisten Samen als Aufenthaltsort und Treffpunkt für die Höhepunkte des Lebens - Taufe, Trauung und Beerdigung. Hier traf man sich mit Verwandten und Freunden auch an den Kirchfeiertagen: Erntedankfest, Allerheiligen und Frühjahrsgebetstag. Später kam noch der sog. "Große Gerichtstag", am letzten Sonntag im August, als wichtigster Kirchfeiertag dazu. Die Samenstadt steht heute unter Denkmalschutz. Die Hütten werden bis heute beim großen Treffen der Samen am letzten Augustwochenende genutzt.
Auf dem silverväg (Silberstraße) zweigen wir nach Arjeplog ab, wo im Winter alle Autofirmen ihre "Erlenkönige" testen. Die Kirche mit den rosa Holzschindeln stammt von 1641.

VindelälvenAm Nachmittag steuern wir den Campingplatz in Sorsele am Vindelälven an. Polen mit Zelten sind zum Beerenpflücken hier. Im Sommer wachsen hier unter den Bäumen wahre Teppiche von Beeren. Die orangefarbenen Moltebeeren, die an der Spitze einzelner Stängel wachsen und zu den Rosengewächsen gehören, sind ein Wahrzeichen Lapplands. Zu frühen Zeiten schätzten nordische Seefahrer die Früchte wegen ihrer Vitaminkraft und guter Haltbarkeit als Mittel gegen Skorbut. Heute sind die säuerlich bitteren Beeren noch immer sehr kostbar. Kilopreise von über fünf Euro zahlt man Sammlern – gute Beerengründe werden als Familiengeheimnis gehütet. Für unser nordisches Frühstück brauchen wir nur ein Dutzend Moltebeeren, zerdrückt als Marmeladenersatz über Ziegenkäse auf einer Scheibe Polarbröd.

16. August 2008

Die nahende Sonne verwandelt den Morgenhimmel von blau und grün in zartes rose und glutrot. Der Inlandsvägen inmitten der wilden Natur schlängelt sich an Bergen, Wäldern und Stromschnellen vorbei und führt uns zu samischen Kultstätten und schönen Neusiedlerdörfern. Wo der Nadelwald in die Moorlandschaft übergeht, entfaltet sich das Rot in voller Pracht. Schweden zeigt sich uns heute nur von der schönsten Seite.
Kurz hinter Storuman sehen wir das Schild Samesnojdgalleriet, eine Ausstellung von samischem Kunsthandwerk. Bei Meselfors verlassen wir den Inlandsväg und zweigen auf den Sagaväg ab. Die Strecke wurde nach den zahlreichen Märchen und Sagen, die man früher in dieser Gegend erzählte und nach der märchenhaften Waldlandschaft mit dem hochalpinen Charakter des Kittelfjäll benannt.
Mittags erreichen wir Åsele Camping & Feriendorf am Ångermanälv, ein alter Rastplatz, der schon während der Steinzeit verwendet wurde. Früher hieß der Campingplatz "Älgsjögrunnans Camping" - ein Name, der an den alten Kirchweg von Älgsjö erinnert, der vom Dorf Älgsjö zur Kirche in Åsele führt. Der Platz ist geöffnet, die Schranke oben - aber die Rezeption hat geschlossen. Na, dann machen die jetzt wohl Mittagspause. Wir fahren auf den Platz bis runter zum Ufer des Ångermanälv, holen Tisch und Stühle raus und entfachen unseren Holzkohlegrill. In unzähligen Windungen mäandert der Fluss in weiten und engen Schleifen, als wisse er nicht wohin er will. Das Ufer ist voll frischer Elchspuren. Außer uns sind nur zwei Wohnwagen auf dem großen Platz - die schwedischen Ferien sind jetzt vorbei. Eine solch friedliche Stille in der freien Natur ist immer wieder eine sehr elementare Erfahrung.
Nach zwei saftigen Nackenkoteletts, zwei Bratwürsten und drei Dosen Bier habe ich die richtige Bettschwere und nicke ein gutes Stündchen im Campingsessel ein. Als ich aufwache, schippert eine Familie auf einem Holzfloß mit kleinem Außenborder am Ufer vorbei und winkt uns zu. Rauchschwaden der letzten Glut scheuchen die Mücken davon.

Floß auf dem Ångermanälv

Am Abend ging ich dann noch mal zur Rezeption um uns anzumelden, doch da war immer noch zu. Auf einem kleinen Schild stand, dass man seinen Namen und die Autonummer auf ein dafür vorbereitetes Kurvet schreiben und den Betrag dazulegen und in den Briefkasten werfen soll, was ich dann auch gemacht habe.
Der Ångermanälv lag silbrig und schwarz vor uns und reflektierte die letzten Strahlen von späten Abendwolken und Silhouetten von Bergen und Baumspitzen. Es ist eine Märchenwelt für sich, ein Traumland.

17. August 2008

Nach einigen Kilometern erreichen wir Örnsköldsvik, die größte Stadt der historischen Provinz Ångermanland. Diesmal nehmen wir uns die Zeit und schauen uns die Stadt näher an. Nett ist der idyllische Hafen für Segelboote. Rund um Örnsköldsvik gibt es norrländische Kirchen mit den typisch freistehenden Glockentürmen aus Holz. Mitten durch die Stadt führt die E4, auf der wir am Mittag Kornsjögården erreichen. Es gibt Lachs mit Salzkartoffeln und Spargel. Am Abend schaue ich misstrauisch zum Himmel. Da hängen einzelne Fetzenwolken, die mir gar nicht gefallen. Und richtig, kaum eine viertel Stunde später erblicken wir ein Blitzen am Horizont und vernehmen ein schwaches Grollen. Schwarze Wolken sind im Anmarsch.

18. August 2008

Nach dem Frühstück ging es zunächst auf der E4 in südliche Richtung bis Hudiksvall, dann weiter auf der Landstraße nach Ljusdal, bis wir schließlich am Jjärvzoo in Djärvsjö ankommen. Järvzoo ist ein Tierpark mit ausschließlich nordischen Säugetieren und Vögeln. Bei leichtem Nieselregen sind wir fast ganz allein im Zoo. Auf einem gewundenen drei Kilometer langen Bohlenweg sehen wir die Tiere in großen Gehegen, bei denen man die jeweiligen Lebensräume möglichst naturgetreu nachgebildet hat. Wir übernachten hier auf dem großen Parkplatz. Am späten Abend kommt noch ein zweites Reisemobil dazu. Eine Familie aus Schweden will morgen früh den Zoo besuchen.

19. August 2008

Heute Morgen wollen wir nach Kvarnberg zu Björn & Viltmark, wo wir uns den Ausstellungsraum über Bären ansehen wollen, doch Andrea und Gunter sind heute zur Einschulung ihres Jungen. Also fahren wir weiter nach Orsa am Orsasjön, der zusammen mit dem Siljan-See, vor 360 Millionen Jahren durch einen Meteoriteneinschlag entstanden ist. Der See liegt malerisch im Wald. Das Ufer ist dicht mit kurzen Binsen bewachsen. Die Sonne strahlt und das Wasser ist warm. Den Höhepunkt bildet eine kleine Wasserschlange, die sich zum Sonnen auf einen Baumstamm begibt.
Während ich die von den Mücken hervorgerufenen lautlosen Ringe auf der Wasseroberfläche betrachte, versank die Sonne in meinem Rücken und überzog den Himmel mit einem roten Vorhang, so dass sich die schwarze Silhouette des Waldes am gegenüberliegenden Ufer einige Zeit im blutrot gefärbten See spiegelt. In den frühen Abendstunden kann ich die reizvolle Lichtstimmung auf meine Speicherkarte bannen.

20. August 2008

Unter den ziehenden Nebelschwaden widerspiegelt die Seefläche die Farbenpracht des Himmels. Der Himmel leuchtet in einem durchsichtigen Blau, ohne den geringsten Schatten. Wir fahren weiter Richtung Süden, halten Ausschau nach Elchen und genießen die wunderschöne Natur um uns herum.
In Mora machen wir einen kurzen Stopp, um uns im Zornmuseum die Ölgemälde und Aquarelle, Radierungen und Skulpturen von Anders Zorn anzusehen. Im Tingslunden steht die Zorns Statue. Sie wurde 1936 von Christian Eriksson geschaffen. Zorn ist mit einem Malerkittel über seiner Mora-Tracht und mit seinem Arbeitsgerät, dem Pinsel, in der Hand dargestellt.
Unser nächstes Ziel ist Dalhalla, eine stillgelegte Kalksteingrube, die man zu einer internationalen Freilichtbühne verwandelt hat. Hier werden seit 1993 im Sommer Opern, Volksmusik, Kammermusik, Ballette, Theatervorführungen, sowie Symphonie- und Chorkonzerte mit einer unnachahmlichen Akustik aufgeführt. Im Museum wird dargestellt, unter welch harten Bedingungen hier früher der Kalkstein abgebaut, dann gebrochen und zu Kalk gebrannt wurde.
Auf dem Parkplatz kochen wir uns noch schnell eine Tomatensuppe bevor wir über Rättvik, Borlänge und Ludvika auf den Campingplatz Munkeberg fahren. Als wir vor genau zwei Wochen hier übernachteten, war der Lersjön durch den warmen und trockenen Sommer sehr tief. Alle Schleusentore zum See Daglösen waren geschlossen, sogar der Schieber zu dem kleinen Kraftwerk war zu. Es muss in den zwei Wochen hier wohl viel geregnet haben, denn das Wasser schoss jetzt nur so durch die Schleusentore.

21. August 2008

Über allem liegt ein leichter Morgennebel, der sich aber bald auflöst. Unser heutiges erstes Ziel ist die Klosterkirche von Vadstena in Östergötland, am Ostufer des Vättern. Das Kloster wurde 1346 von der Heiligen Birgitta geplant und sollte das Mutterkloster für den Birgittinenorden werden. Die dreischiffige Klosterkirche wurde 1384, 11 Jahre nach Birgittas Tod, im gotischen Stil aus blaugrauem Kalkstein fertig gestellt. Die Klosterkirche entwickelte sich zu einem geistlichen Pilgerzentrum.
60 km südlich von Vadstena liegt  die kleine Stadt Gränna. Sie  ist eine der wenigen Städte Schwedens, die nie vom Feuer zerstört wurde. Die alte Stadt mit ihren Holzhäusern ist etwas ganz Besonders. Aus Gränna stammt nach der von Kindern innig geliebte Polkargrisar, eine Zuckerstange. Die Leckerei wird nach wie vor in vielen Betrieben nach altem Rezept hergestellt.
Auf der Hauptstraße der kleinen Holzhausstadt Gränna dreht sich alles ums Zuckerwerk. Hier reiht sich eine Zuckerstangenfabrik an die andere. Wir hätten fast jedes Haus besuchen können. Überall das gleiche Bild - Läden, voll gestopft mit Süßem. Standhaft wollten wir sofort wieder aus dem Laden raus. Aber dann packte uns doch die Neugier auf diese ganz spezielle Kunst der Zuckerbäckerei. Die Arbeit des Zuckerstangenbäckers ist sehr schwer, da der Teig sehr klebrig und warm ist. Es muss auf die richtige Größe, Temperatur und alle exakten Zutaten geachtet werden, damit es ein gutes Ergebnis wird. Es gibt verschiedene Sorten von Zuckerstangen und Lollis in verschiedenen Geschmacksrichtungen und Farben. Für die echten bekommt die Zuckermasse einige Tropfen Pfefferminzkonzentrat. Außerdem macht die rotweiße Farbe die Zuckerstangen erst zu dem, was sie sind – Polkagris, oder einfach Polkaschweinchen. Woher dieser Name kommt, weiß niemand. Es war das Geheimnis einer gewissen Amalia Eriksson und die nahm es mit ins Grab. Sie war es auch, die 1846 die Polkaschweinchen erfand, um sich und ihre Tochter über Wasser zu halten. Sie ahnte damals sicherlich nicht, dass sich ihre Polkagrisar zu einem der beliebtesten schwedischen Souvenirs entwickeln würden. Ihre Statue ist am Eingang zum Södra Parken in Gränna aufgestellt. Inzwischen ist ganz Gränna der Herstellung und dem Verkauf von Polkagris verfallen.
Nachdem wir uns den Herstellungsprozess in einer Polkargriskokeri angesehen und uns mit einigen Zuckerstangen eingedeckt haben, spazieren wir noch durch den Ort, schauen uns die Kirche von 1895 an und gehen hinunter zum Vättern. Der Hafen wimmelt von bunten Fischer- und Segelbooten. Die kleine Autofähre "Per Brahe" bringt die Anwohner zur Insel Visingsö.
Abends versuche ich noch ein wenig in der Brandung zu Angeln - leider ohne Erfolg. Eine armlange Schlange kreuzt den Weg und verschwindet im Gras. Purpurn bis violett färbt sich der Himmel und silbrig glitzert das Wasser. Ein einsamer Strandläufer begegnet uns noch an diesem Abend, der Halbmond grüßt flüchtig, bevor er hinter einer Wolke verschwindet.

22. August 2008

Ein feuchter Nebel hängt über den Wiesen und im Wald leuchten Pfifferlinge zwischen den Baumwurzeln. Hier und da kommt die Sonne durch. Wir sind im Glasreich von Småland unterwegs und besuchen die Glashütte Orefors. Sie ist mehr als 250 Jahre alt, die wahrscheinlich Älteste, noch Arbeitende in ganz Schweden. Wir verfolgen einen Arbeitsprozess, bei dem jeder der vier Glasbläser für einen bestimmten Arbeitsabschnitt verantwortlich ist. Wir sind ganz gespannt auf das Ergebnis. Immer wieder wird das Glas erhitzt, damit es bearbeitet werden kann. Nach etwa einer viertel Stunde ist das gute Stück fertig. Eine großzügig geformte Vase. Nun muss sie noch 12 Stunden abkühlen. In Småland gab es alles, was für seine Herstellung notwendig war: Wasser, Wald und Arbeitskräfte. Heute hat jede der 14 Hütten ihre eigenen Designer. Star von Kosta Boda ist die Künstlerin Ulrica Hydman-Vallien. Sie gibt dem Gebrauchsglas kraftvolle Farben und Motive. Weniger praktisch aber nicht minder phantasievoll sind die Kunstobjekte, die verschiedene Künstler entworfen haben.
Gegen 15 Uhr sind wir auf dem Campingplatz in Mörbylånga auf Öland, wo wir zwei Tage Rast machen. Eine Stunde später sitzen wir draußen vor unserem Holzkohlegrill und braten Würstchen an Holzstecken. Wir schauen in den blauen, klaren Himmel - viel schöner kann man es nicht haben, die Brandung rauschen hören und die Wolken davonziehen lassen. Welch vollkommene Harmonie mit der Natur.

23. August 2008

Vögel liefen auf dem WOMO-Dach herum und weckten mich. Der kräftige Wind hat die Wolken weggeblasen und lässt die Sonne wieder scheinen. Die Sonne steht noch tief, blendet dafür umso mehr, wärmt erst die Seele, später den Körper. Am Morgen von den speziellen Inselgeräuschen und dem besonderen Insellicht zu erwachen, dieses Gefühl ist einfach unbeschreiblich. Die meisten Inselbewohner verschwenden wohl keinen Gedanken daran, welches Glück sie haben, dass ihnen der Himmel zum Greifen nah ist. Ja, genau so fühlt es sich an, wenn beispielsweise der Duft von Erde und Meer in die Nase dringt und die Ohren mit Vogelgezwitscher erfüllt sind.
Das Heideland Stora Alvaret ist eine einzigartige Landschaft, die auch Gottes Kräutergarten und weltgrößter botanischer Garten genannt wird. Karg, wild und schön. Die letzte Eiszeit hat hier nur dünn mit Humus bedeckte Kalkheiden (schwedisch: alvar) hinterlassen. Hier, zwischen zwei Stränden, ruhen das Licht und der Raum. Das Gelände strahlt absolute Ruhe aus. Im Weideland wandern die Herden oder sie ruhen zwischen den Steinen und die ergebene Zufriedenheit der grasenden oder kauenden Schafe lässt für den Eiligen keinen Unterschied mehr zu zwischen Tier und Stein.

24. August 2008

Wir fahren zur südlichen Landzunge bei Ottenby, wo sich Schwedens älteste Vogelwarte befindet, die seit 1946 genutzt wird. Hier ist ein beliebter Rastplatz für Zugvögel. Jahr für Jahr werden hier mehrere Tausend Vögel beringt. Beim Leuchtturm Långe Jan, der in den 1780er Jahren errichtet wurde, handelt es sich um den zweithöchsten Leuchtturm von ganz Skandinavien. Braune Kühe tragen ihre schweren Euter über die Wiese. Eine Schafherde weicht, von einem Hammel geführt, geschickt und ohne Befehl unserem Wagen aus. Dahinter kommt der Hirte im Schultermantel aus braunem Fell. Er nimmt den schwarzen Hut ab, in stolzer Freundlichkeit. Zwei braune Augen, eine Begegnung für einen Augenblick.
Nördlich des Haga-Parks schauen wir uns den Karlevistein an. Er ist einer der interessantesten Runensteine und enthält ein Gedicht im sog. höfischen Stil der Wikinger-Dichtung. Das Gedicht ist das einzige dieser Art, das noch im Original erhalten ist. Es ist Ruhmesgedicht und Nachruf auf einen gefallenen Wikinger-Häuptling, namens Sibbe. Er wird im Gedicht mit Odin verglichen, dem höchsten Gott! Wahrscheinlich war Sibbe Häuptling auf Öland und der Runenstein wurde auf seinem Besitztum errichtet. Der Stein selbst stammt nicht von der Insel. Er besteht aus einer Gesteinsart, die auf dem gegenüber liegenden Festland anzutreffen ist. Der Runenstein ist ca. 1000 Jahre alt. Damals befand sich die Zeit im Umbruch zwischen Asenglaube und Christentum. Auf dem Stein kann man die Wörter entziffern: "NONIN ... EH'', was eine Entstellung von "IN NOMINE IHESU", also "ln Jesu Namen" ist. Der Karlevi-Stein ist Bestandteil des gesetzlich geschützten Kulturerbes.
Einige Kilometer nördlicher kommen wir an den Bockmühlen von Lerkaka vorbei. Im 19. Jahrhundert gab es Sandviks Kvarnauf der Insel ca. 2000 dieser Windmühlen, in denen die Bauern ihr Getreide mahlten. Etwa 400 Windmühlen blieben Öland erhalten.
Etwa 30 km nördlich von Borgholm, bei Löttorp, machen wir einen Abstecher zu Sandviks Kvarn (Sandviker Mühle). Die Windmühle, acht Etagen hoch, ist die größte Windmühle in Nordeuropa. In der benachbarten Pizzeria bestellen wir uns zum Mittag pannkakor med jordgubbssylt (Pfannkuchen mit Erdbeermarmelade).
Gut gestärkt geht es weiter Richtung Ölands Norra udde. Die östliche der zwei Landzungen, welche die Bucht Grankullaviken auf dem nördlichen Öland umschließen, bildet das Naturschutzgebiet Trollskogen (Zauberwald). Auf der östlichen Seite sind die Klappersteinstrände Wind und Wellen ausgesetzt. In Ufernähe wachsen daher niedrige und krumme Kiefern. Sie sind oft alt und haben ihre verdrehte Form durch die ungeschützte Lage erhalten. Wir spazieren in den inneren Teil des vom Wind zerzausten Trollskogen, wo reichlich vom Wind gefällte Bäume liegen. Ein besonderes Gefühl erweckt der Efeu, der sich in großen Mengen an den Baumstämmen empor rankt. Zur Übernachtung finden wir einen Parkplatz am Strand, nur einige hundert Meter vom Leuchtturm Långe Erik. Abends gehe ich noch zum Strand am Leuchtturm und stahl dort den nördlichsten Stein und habe nun Öland um einen Zentimeter kürzer gemacht.

25. August 2008

Unser nächstes Ziel ist die eigenartige Küstenlandschaft bei Byarum. Dort befinden sich Ölands einzige richtige Kalksteinklippen (raukar). Diese stattlichen Kalksteinsäulen haben sich gebildet, als die Wellen den weicheren Kalkstein erodiert haben. Es gibt etwa 120 solcher Kalksteinsäulen im Gebiet, die Größte ist vier m hoch. Oberhalb der Kalksteinklippen erhebt sich ein steiniger Abhang (Klint genannt), der landeinwärts in einen Strandwall übergeht.
Die Erdschicht auf Nordöland stammt zum großen Teil vom Festland. Sie wurde mit dem Inlandeis hierher transportiert und lagerte sich ab, als das Eis vor ca. 12.000 Jahren schmolz. Große Gebiete auf Nordöland sind mit Sanddünen bedeckt, die der Wind dorthin getragen hat. Ölands Gesteinsgrund, der ordovizische Kalkstein, wurde vor ungefähr 500 Millionen Jahren gebildet. Er besteht aus Material, das in einem früheren Meeresstadium sedimentierte. Typische Erscheinungen auf Öland sind so genannte Karste. Sie bilden sich, wenn Wasser den rissigen Kalkstein aushöhlt. Der Kalkstein auf Öland ist auch reich an Fossilien.
In der kargen Natur wächst die Vegetation sehr spärlich, lediglich an viel Trockenheit und Licht angepasste Pflanzen fühlen sich hier wohl. Im südlichen Teil des Reservates gibt es eine Menge Fossilen. Die Fossilien bestehen aus verschiedenen Meeresorganismen, die vor etlichen Millionen Jahren im Meer gelebt haben und deren Form in Kalksteinsedimenten bewahrt wurde.
Wir fahren zur Ostküste Ölands, nach Kappeludden. In der Nähe des gleichnamigen Leuchtturms stehen die Reste der größten Kapelle Ölands, der S:ta Britas kapell. Man bringt diese Kapelle mit der heiligen Birgitta in Verbindung, aber ursprünglich war sie der keltischen Heiligen Brigida von Kildare geweiht. Die Kapelle war einst 27 Meter lang und 12 Meter breit. Sie wurde wahrscheinlich gebaut, als die Märkte hier in Sikavarp von immer mehr Menschen besucht wurden.
Am frühen Nachmittag checken wir auf dem Campingplatz Saxnäs ein. Auch hier finden wir wieder kostenloses WLAN. Elke probiert sofort das Jetfloat aus - eine 320 m2 schwimmende Badeanlage im Kalmarsund. Für mich ist es schön, im Campingstuhl zu sitzen, jede Sekunde zu genießen und für die nächsten 24 Stunden keinen Plan zu haben.

26. August 2008

Nach dem Auschecken geht es über die Ölandbrücke zurück aufs Festland, zum Schloss Kalmar. Das auf einer kleinen Halbinsel stehende Schloss mit den vier massiven Rundtürmen, ist der besterhaltene Renaissance-Palast in Nordeuropa. Durch einen Burggraben vom Festland getrennt, war es lange Zeit eine wichtige Verteidigungsanlage.
Am frühen Nachmittag erreichen wir den großen Parkplatz des Nationalparks Stenshuvud (das Steinerne Haupt) in Österlen. Die Informationsausstellung im Naturum stellt das Tor zum Nationalpark da. Vom Parkplatz am Naturum führt ein ca. 500 m langer Weg zum schönen Sandstrand. Ein gekennzeichneter Naturpfad hat hier seinen Ausgangspunkt. Laubwald bedeckt große Teile des Parks, wobei Hain- und Rotbuche dominieren. Seitdem sich die Eiszeit vor 13.000 Jahren zurückzog, war der Meeresspiegel starken Schwankungen unterworfen. Deutlich sichtbar ist dies besonders im Gebiet nördlich des Berges, wo große terrassenförmige Geröllfelder parallel zum heutigen Ufer die älteren Strandverläufe zeigen. Wir standen auf großen abgestürzten Felsblöcken und konnten auf eine steingefüllte Schlucht sehen. Nach einer dreistündigen Wanderung über Fels und Stein sind wir zu Müde, um uns für einen Stellplatz zu kümmern und übernachten einfach hier.

27. August 2008

Kurz nach sieben Uhr werden wir vom Geräusch eines Dieselmotors geweckt. Ein Müllwagen der Kommune leert die Abfallkörbe. Beim Frühstücken stellen wir fest, dass unsere Vorräte zu Ende gehen. Also fahren wir nach Ystad und suchen uns in der Nähe des großen Hafens einen Parkplatz. Beim Stadtbummel durch die schöne, beschauliche Kleinstadt, erkennt Elke sofort einige Plätze, an denen die Wallander-Filme gedreht wurden, die ständig irgendwo im Fernsehen wiederholt werden. Wir decken uns mit Brot, Käse, Grillwürstchen und Getränken ein und machen uns auf den Weg zum Malmö Camping & Feriencenter.

28. August 2008

Bei kräftigem Wind lassen wir die Räder stehen und gehen zur Fuß zur Öresundbrücke. Überall wächst Sanddorn, eine orangerote, saure Beerenfrucht mit sehr viel Vitamin C. Bei leicht diesigem Wetter können wir gerade noch das Brückenende auf der künstlich angelegten Insel Pepparholm erkennen. Ein Weg führt nach oben zur Zoll- und Mautstation, die wir uns auch mal aus der Nähe anschauen.
Am Abend gehe ich noch mal in Richtung Öresundbrücke und pflücke uns einen großen Becher voll Sanddornbeeren.

Öresundbrücke

29. August 2008

Zum Frühstück gibt es heute Morgen zerdrückte Sanddornbeeren auf leckerem Lingonbröd (dunkles, saftiges Brot, dem Preiselbeersirup zugesetzt wurde). Nach dieser Vitaminbombe setze ich mich aufs Fahrrad und radle Richtung Innenstadt von Malmö. Mitten in der Stadt, an einer Mole, steht ein rotweißer Leuchtturm. Schräg gegenüber liegt eine Kogge. Koggen sind mittelalterliche Handelsschiffe aus Holz mit nur einem Mast, die in Skandinavien im 12. bis 15. Jahrhundert üblich waren. Gerne würde ich mich noch ein wenig in der Stadt umschauen, doch es ziehen dunkle Wolken auf und ich ziehe es trotz dem gesunden Frühstück vor, lieber noch im Trockenen am Campingplatz anzukommen. Das ist unser letzter Tag in Schweden. Morgen geht es über die Öresundbrücke nach Dänemark und dann mit der Fähre von Rødby nach Puttgarden.

30. August 2008

Es ist der letzte Tag unserer Tour. Jeder Urlaub hat mal sein Ende. In Gedanken lasse ich die vergangenen Tage an Bord der Fähre "Deutschland" passieren, die uns in aller Herrgottsfrühe am menschenleeren Kai ausspuckt. Geisterhaft kreischen die Möwen um Container, die langen Güterzüge und die endlose Autoschlange, die sich wie ein Lindwurm durch die Hafenanlage windet, löst sich nach einer halben Stunde in Nichts auf. Morgens um Neun ist die Welt noch in Ordnung, schließe ich gerade meine Träumereien ab, als eine Verkehrskontrolle am Straßenrand auftaucht. Ein schneller Blick auf den Tacho und ein erleichtertes Durchatmen, nachdem sie mich durchwinken. Die Rückfahrt verläuft ohne Zwischenfälle, zieht sich aber wegen einigen kleinen Staus auf der A1 sehr in die Länge.
Nach knapp vier Wochen und 7200 km sind wir wieder Zuhause angekommen. Wir haben sehr viel gesehen und erlebt, aber es gibt noch so viele Ziele in Schweden, die auf unserer Wunschliste stehen. Deshalb freuen wir uns schon, denn der nächste Schwedenurlaub kommt bestimmt.

 

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