Teil 3: Reykjavik - die nördlichste Hauptstadt der Welt
Auf unser Kreuzfahrt liefen wir auf Island drei verschiedene Häfen an und
machten verschiedene Ausflüge. In der Nacht passierten wir die
Westmänner-Inseln. Nach einer entspannten Nacht erreichten wir an unserem
vierten Reisetag kurz vor 10:00
Uhr den Hafen von Reykjavik. Der Golfstrom sorgt trotz der nördlichen Lage für
ein gemäßigtes Klima mit relativ kühlen Sommern. In der letzten Nacht wurde die
Borduhr um eine weitere Stunde zurückgestellt. In Island gilt die Greenwich Meantime, also -2
Stunden gegenüber Deutschland. Es gibt drei große Ziele in Süd-Island, die alle
Touristen gesehen haben sollten – Thingvellir mit seinen Gräben zwischen der
Eurasischen und der Nordamerikanischen Kontinentalplatte, die Geysire und der
Wasserfall Gullfossen. Es sind die größten Attraktionen des südlichen
Landesteils. Zunächst ging es mit dem Bus ca. 45 min bis zum Nationalpark
in Thingvellir. Als wir nur wenige Kilometer aus Reykjavik
herausgefahren waren, hatten wir das Gefühl: So müssen Mondlandschaften aussehen.
Der Vorstadtgürtel dagegen sieht aus wie ein amerikanischer Alptraum, nur
kleiner. Dafür gibt es im Zentrum noch erstaunlich viele hübsche Villen aus dem
19. und frühen 20. Jahrhundert, und dann diese bunten Spielzeughäuser, bei denen
man sofort an Holz denkt, die aber mit Wellblech verkleidet sind, um dem Wetter
zu trotzen. In Reykjavik und Umgebung, das merkt man gleich, sind viele Dinge
nicht das, was sie zu sein scheinen. Dem Hafenort Hafnarfjördur zum Beispiel
sieht man überhaupt nicht an, dass er der offizielle Wohnsitz der Elfen auf
Island ist. Ausgerechnet hier sollen sie hausen, in der Lava versteckt, mit
Blick auf das große Aluminiumwerk, dem Island unter anderem seinen Wohlstand
verdankt. Angeblich sollen über die Hälfte der isländischen Bevölkerung an Elfen
glauben und 90 Prozent hält deren Existenz für möglich. Vermutlich ist die
isolierte Lage Islands der Grund dafür, dass der Mythos so lange überleben
konnte. Mehr als die Hälfte der Isländer leben in der Hauptstadt Reykjavik.
Keine tausend Menschen leben weiter von der Küste entfernt als 30 Autominuten.

Dann erreichten wir unser erstes Ziel auf Island, den Nationalpark Žingvellir. Dort liefen
wir knapp eine Stunde herum und bewunderten die Grenze zwischen der eurasischen und der
amerikanischen Kontinentalplatte.
Der Name Žingvellir (Thingvellir) hat auf lsland einen magischen Klang, bezeichnet er doch
den Ort im Südwesten der lnsel, wo sich vor über einem Jahrtausend die ersten
Siedler versammelten, um gemeinsame Angelegenheiten zu
besprechen
und zu regeln. Um 874 waren die ersten Norweger auf die lnsel gekommen, im
Sommer 930 richteten sie in Žingvellir eine Art Parlament ein, das sich für den
isländischen Staat als identitätsstiftend erwies. 1930, zur tausendjährigen
Wiederkehr des Gründungsaktes, entstand der Žingvellir-Nationalpark, der den
Ort, an dem die Häupter der Sippen alljährlich zusammenkamen, als nationales
Monument unter Schutz stellte. 1944 wurde an dieser historischen Stelle auch die
Republik lsland ausgerufen. Der Nationalpark schützt darüber hinaus die Natur der Region, in der lslands
größter See liegt, der Thingvallavatn. Im ältesten Naturschutzgebiet Islands
sind zahlreiche Erdspalten und Risse beeindruckende Zeugnisse der
Kontinentaldrift. Die tektonische Verschiebung der
Eurasischen und der Nordamerikanischen Kontinentalplatte haben tiefe Gräben und
Risse entstehen lassen, von denen der über 7 km lange Almannagjį der längste
ist. In den letzten 10.000 Jahren ist die Erdspalte um 70 Meter auseinandergedriftet und
der Talboden hat sich um ca. 40 Meter gesenkt.
Die raue Insel Island lockt mit karger Landschaft und großartigen
Naturschauspielen wie dem Nordlicht. Island ist ein Land der Superlative.
Wir
fuhren weiter zum Wasserfall Gullfoss. Unterwegs sahen wir schöne Islandpferde. Der Gullfoss (Goldener Wasserfall) zählt zu
den schönsten Wasserfällen der Insel. Der Gletscherfluss Hvitį stürzt über zwei
Fallstufen 32 Meter in die Tiefe. Ich liebe Wasserfälle und auch dieser ist sehr
staunenswert. Einst sollte hier ein Wasserkraftwerk
entstehen. Eine Bauerstochter verhinderte das Projekt. Nun ehrt sie ein Denkmal
aus Stein. Der Wasserfall ist ein Muss für jeden Islandbesucher. Da geht es am
märchenhaften Zweistufen-Wasserfall Gullfoss doch ganz anders zur Sache: Hier,
im Wassernebel über den donnernden Kaskaden, der sich bei Sonnenschein auch noch
golden färben soll, hätten wir die Elfen vermutet. Vielleicht kommen sie
manchmal zum Spielen her, denn weit haben sie es ja nicht. Lange Zeit war für die isländische Wirtschaft nur die Fischerei wichtig. In den
letzten 30-40 Jahren ist der Tourismus für das Nationaleinkommen an zweiter
Stelle getreten. Island ist das am dünnsten besiedelte Land Europas. Wer hier
herkommt, findet garantiert die Einsamkeit. Island, das ist immer wieder
Weltanfang. Zweidrittel der Insel beherrschen die rohen Elemente der Erde –
Wasser und Feuer. Nachdem der Bus uns wieder eingesammelt hatte ging es 10 km weiter, wo im Thermalgebiet Haukadalur eine Springquelle mit
heißem Wasser regelmäßig Fontänen in die Luft jagt. Alle acht Minuten schießt
ein bis zu 25 Meter hoher Wasserschwall in die Luft. Ein fabelhaftes Spektakel! Dieser Brühfontäne sollte man nicht zu nahe
kommen. Sehr unzuverlässig zeigt sich
der Große Geysir im Haukadalur: Als wir ankamen,
hatte er gerade eine Eruption
hinter sich und rührte sich danach nicht mehr. Nur sein kleiner Bruder
Strokkur schoss brav alle paar Minuten seine Fontäne in die Luft. Nach mehreren
missglückten Fotos gelang endlich ein brauchbares Bild, denn die Fontäne ist
meist schneller als der Auslöser. Ansonsten gibt es hier auch noch eine ganze
Anzahl anderer kleinerer Quellen, die mächtig vor sich hin dampfen. Überall sind
Schwefelspuren auf dem Boden zu sehen. Die bunten Farben der Quellen stehen in
einem starken Kontrast zu den endlosen Lava-Feldern im ganzen Land. In einem Touristenshop kann
man Andenken
kaufen. Nach zwei Stunden Landschaftsfahrt, vorbei an Lavafeldern, deren Gestein 2500
Jahre alt ist, kamen wir wieder zurück zum Schiff.
Zum Abschluss schlenderten wir dann noch durch die Fußgängerzone von Reykjavik
und schauten uns die moderne Hailgrimskirche auch von innen an. In der Stadt
gibt es eine Elfenschule (Įlfaskólin), bei der man alles über die 13
verschiedenen Arten der Naturgeister erfahren kann. Reykjavik bedeutet zwar "rauchende Bucht", aber nur natürliche Wasserdämpfe sind
damit gemeint. In der Hauptstadt raucht kein einziger Schlot, und keine Spur von
Gestank verlässt industrielle Öfen. Man beheizt alle Wohnungen, Gebäude und
Betriebe mit kochendem Wasser aus heißen Quellen. Demzufolge ist Reykjavik die
Hauptstadt mit der reinsten Luft. Innerhalb von höchstens zehn Minuten gelangt
der Reykjaviker von seiner Haustür ins nächste Schwimmbad mit wollig warmem
Wasser.

Island gilt als das friedlichste Land der Welt und stellt, gemessen an seiner
Einwohnerzahl, die meisten Schönheitsköniginnen der Welt. In den Jahren 1985,
1988 und 2005 war die Schönste der Welt eine Isländerin, das ist eine Miss World
pro 100.000 Einwohner. Einen Weltrekord gebe es auch bei den Isländischen
Männern. Diese können laut einer aktuellen Erhebung des Isländischen
Statistikamtes damit rechnen, 79,4 Jahre alt zu werden. Auch das ist weltweit
Spitze. Daneben überzeugt der Inselstaat auch mit außergewöhnlicher Natur.
Zwischen dem Südwestzipfel Islands und dem Südpol, erzählt man uns, liegt nur
Wasser und kein Land.
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